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Bundesgartenschau präsentiert Abstandsgrün

■ Senatsplaner schlägt Wohnhochhäuser am Moabiter Werder vor / Gartenfachverbände gegen Wohnungsbau auf der künftigen Buga-Fläche / Bausenator Nagel bleibt bei Vorschlag, der Gartenschau 1.000 Wohnungen zu verpassen / Skepsis bei der Buga-GmbH

Wachsen am Moabiter Werder, am Spreeufer gegenüber der Kongreßhalle, bald rot-grüne Wohnhochhäuser in den Himmel? Hanno Klein, Wettbewerbsleiter in der von SPD-Senator Nagel geführten Senatsbauverwaltung, ist dafür. So könnten am Moabiter Werder am ehesten die vorgesehenen Wohnungen mit der für 1995 geplanten Bundesgartenschau (Buga 95) in Einklang gebracht werden, meint der Planer.

Bausenator Nagel will hier 1.000 bis 1.200 Wohnungen bauen; doppelt soviel wie der alte Senat. Kritiker fürchten, dann bliebe für die Buga nur „Abstandsgrün“. Wenn gebaut werde wie im Hansa-Viertel, bliebe aber genug Platz für Grün, meint Planer Klein.

Im Hansa-Viertel stehen neben kleineren Wohnhäusern 12- bis 16geschossige Punkthochhäuser. Für Leute mit „weniger Kindern“ könnten das attraktive Wohnungen sein, meint der Planer Klein.

Die Wohnbaupläne des Bausenators fanden gestern jedoch auch neue Gegner. Vier Fach- und Berufsverbände aus der Gartenbaubranche forderten den Senat auf, am Moabiter Werder ganz auf Wohnbauten zu verzichten. Dieses „letzte Stück Spreelandschaft“ müsse komplett für die Buga reserviert werden, sagte Klaus Neumann von der Deutschen Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftspflege (DGGL). Wer 1.000 Wohnungen bauen wolle, müsse auch Parkplätze, Spielplätze und Kitas bauen, erklärte Neumann. Etwa 200 Bäume müßten dann am Moabiter Werder fallen, hat er errechnet. DGGL -Geschäftsführer Clemens Szamatolski sagte zur taz, er sei „enttäuscht“, daß ausgerechnet ein rot-grüner Bausenator das Bauprogramm an dieser Stelle aufstocke. Die Gartenfachleute wollen dem Bausenator nun Alternativstandorte für den Wohnungsbau vorschlagen.

„Der Senator bleibt bei seiner Meinung“, bekräftigte dagegen gestern Nagel-Sprecher Weninger. Mit einem Brief an AL-Umweltsenatorin Schreyer, die Buga GmbH und den Bezirk Tiergarten will er jetzt „entsprechende Initiativen einleiten“, sagte der Sprecher. Während Schreyer-Sprecher Kundt gestern Nagels Pläne noch nicht kommentieren wollte, meldete Buga-Geschäftsführer Gotfriedsen Bedenken an. Er fürchtet beim Bau von 1.000 Wohneinheiten „ganz gewaltige Probleme“. Baue man niedrig, bleibe im bebauten Teil des Werders kaum Zwischengrün; baue man Hochhäuser, werde die klimatische Funktion der Fläche „hintertrieben“. Ein Mitarbeiter der Umweltverwaltung verweist auf den Flächennutzungsplan: dort ist nur von 500 Wohnungen die Rede. Zwischen Hochhäusern blieben nur „verschattete Grünflächen“, kritisierte der Stadtplaner.

Im Einklang mit den rot-grünen Koalitionsvereinbarungen wünschten die Gärtnerverbände gestern auch eine Ausweitung der Buga, die diesmal ohnehin ohne Zaun und festumrissene Grenzen auskommen soll. So müßten die wildüberwucherten ehemaligen Bahnflächen des Gleisdreiecks und auf dem Schöneberger Südgelände mit dem Tiergarten zu einer grünen Nord-Süd-Achse zusammengefügt werden. Die nicht unerhebliche Hoffung der Gärtnerverbände richtet sich auch auf die Arbeitsplatzeffekte einer großen Gartenschau. „Das kann uns nur zupaß kommen“, freute sich Ingolf Schmoll vom Fachverband der Gartenbaubetriebe (FGL).

Weil die Nord-Süd-Straße nicht gebaut wird, „gibt es eine Chance für zusätzliches Grün“, bestätigte Gottfriedsen. Allerdings könnten die zusätzlichen Flächen nicht allesamt bis 1995 erschlossen werden.

hmt

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