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Hungerstreik-betr.: "Initiative f+r Dialog mit RAF-Gefangenen", taz vom 23.3.89

betr.: „Initiative für Dialog

mit RAF-Gefangenen“,

taz vom 23.3.89

Daß in den Justizkerkern der BRD und West-Berlin seit zum Teil 18 Jahren Menschen dahinexistieren, weil sie anders denken, anders kämpfen, ist die eine Seite des Todeskampfes. Die andere Seite ist, daß die Machtorgane dieses ach, so humanen Landes nicht mit sich konstruktiv reden lassen; selbst wenn sich Opfer des beiderseitigen Hasses in einem Ausdruck besonderer Menschlichkeit (die Familie von Braunmühl) als Vermittler einschalten. Was muß eigentlich in diesen Menschen vorgehen, sich als Opfer mit der Situation der Täter zumindest auseinanderzusetzen...

(...) Man spricht nun - angesichts des absolut berechtigten Begehrens der Gesamtgruppe - von einem „Alles oder Nichts“. Ich kann beim besten Willen hier kein Alles entdecken. Das Nichts jedoch, angesichts brutaler Verweigerungshaltung der Staatsorgane, kennen wir bereits aus vergangenen Jahren... Wenn dieser Rechtsstaat auf der normalen Gefangenenebene bereits Gespräche über Reformen im Strafkerkersystem - sie sind eine zwingende Notwendigkeit - ablehnt, beziehungsweise selbst kleinste Schritte über zig Jahre erreicht werden, dann verwundert es beileibe nicht, daß die RAF -Isolationsgefangenen ihr Leben als Waffe im Kampf um einen mikroskopischen Schritt nach vorne einsetzen.

Oder sollte die Gruppendynamik beispielsweise das grausige Ultrasicherungssystem von Stuttgart-Stammheim brechen? Da dieser Staat ohnehin nicht beabsichtigt, solche Häftlinge dann vorzeitig oder überhaupt zu entkerkern, wenn sie nicht auf die Linie der (un)politischen Straflosigkeit beziehungsweise auf ein Legalverhalten üblicher Rechtsnormen einschwenken, wozu dann die angeblichen Bedenken hinsichtlich der Gruppendynamik? (...)

Die Häftlinge der RAF wollen den Staat nicht erpressen sie können das auch gar nicht, angesichts der aussichtslosen Machtverhältnisse. Das Ziel ist klar umrissen: Es geht glaubwürdig um einen kleinen Schritt: den Kontakt mit solchen Menschen, denen sie vertrauen, Kontakte, die ohne ständige Fremdbestimmung möglich werden sollen. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, daß der Kontakt zu sogenannten Unpolitischen von seltsamen Bespitzelungsaktionen des Staates begleitet ist.

(...) Daß der Justizstaat den Kerkerungsanspruch vor dem Menschleben ansiedelt, ist angesichts des Gesundheitszustandes einiger RAF-Häftlinge (aber auch unzähliger unpolitischer Gefangener, die nachweisbar haftunfähig sind) deutlich erkennbar. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, daß diese schwerfälligen Organe der Staatsjustiz tief und fest weiterschlafen, wenn „sie“ niemand wachrüttelt. (...)

A.T., Berlin 21

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