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"Wir haben kein Leben"

■ K., 54, Fleischer, Junggeselle, Alkoholiker

Mitternacht. Kühllastwagen mit Schweinehälften und Rindervierteln stehen vor dem Fleischergroßmarkt. Arbeitsbeginn für rund 500 Mann. Gearbeitet wird hier grundsätzlich, bis alles fertig ist. Den Arbeitsvertrag muß jeder selbst mit seinem Chef aushandeln. Keine Nachtzuschläge. Keine Erschwerniszulage für die Arbeit in feuchtkaltem Klima. Weihnachtsgeld: Ein Wochenlohn. Verspätung: 70 Mark Abzug vom Wochenlohn. 1.000 DM Belohnung für den, der ein Jahr nicht fehlt.

Dieser Markt ist eine Sackgasse, aus der gesund so schnell niemand rauskommt. Die Chefs sind sich einig, drücken ständig die Löhne, drohen mit der Einstellung von Kolonnen aus Westdeutschland. Die Arbeiter sind nicht organisiert. Einer der seit 20 Jahren in der Mühle steckt: „Ditt möcht ick noch erlebn, daß hier mal jestreikt wird.“

In der Halle arbeiten Selbständige und Unselbständige nebeneinander. Die Selbständigen sind Freiberufler, die sich „Ausbeiner“ nennen. Sie machen Tempo. Nur die Tonnen zählen. Brutto 8.000 bis 10.000 DM im Monat. Abzüge: 20 Prozent für den Kolonnenschieber, außerdem Steuern, Kranken- und Rentenversicherung, Kosten für Arbeitskleidung. Diese Männer arbeiten schnell, weil sie es bezahlt bekommen. Die Unselbständigen arbeiten schnell, damit sie überhaupt noch irgendwann nach Hause kommmen. Nicht selten arbeiten alle 12 Stunden und länger. Wenn Kollegen krank oder im Urlaub sind, muß deren Arbeit mitgemacht werden - bis alles fertig ist. Der Lohn bleibt natürlich immer der gleiche.

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