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Auflösung der P-Abteilung erst in einem Jahr

■ Justizsenatorin Limbach stellte Schwerpunkte der rot-grünen Justizpolitik vor / Keine Konkretisierung der Leitlinie „Öffnung des Strafvolzugs“

Enttäuscht wurde, wer sich von der gestrigen Antrittspressekonferenz der neuen Justizsenatorin Jutta Limbach (SPD) und ihres Staatssekretärs Wolfgang Schomburg eine Konkretisierung der rot-grünen Strafvollzugspolitik versprochen hatte: „Der offene Vollzug und die ambulanten Hilfen sollen weiter ausgebaut werden, ohne daß Sicherheitsgesichtspunkte vernachlässigt werden“, hieß es nebulös. Offen blieb wann, wie und wo das Koalitionsvorhaben „Öffnung des Strafvollzugs“ in die Tat umgesetzt werden soll. Gegebenenfalls müsse in jedem Einzelfall geprüft werden, ob der offene oder geschlossenen Vollzug in Frage komme, sagte die Justizsenatorin allgemein. Bezüglich des Frauenknasts Plötzensee seien „Überlegungen im Gange“, die Frauen weitestgehend in den offenen Vollzug zu verlegen, um die „in besonderem Maße gesicherte Anstalt“ dann mit „Schwerstkriminellen“ zu belegen. Konkreter werden könne sie aber auch hier nicht, weil sie sonst „das Blaue vom Himmel herunterlügen müsse“, bat Limbach mit dem Hinweis um Verständnis, daß ein Senat, der 14 Tage im Amt sei, auf diese Fragen noch keine Antworten habe könne: „Und wir helfen uns nicht, wenn wir nur Blasen werfen.“

Aus der Koalitionsvereinbarung bereits bekannt und somit nicht neu waren auch die übrigen gestern vorgestellten Kernpunkte der künftigen Justizpolitik: Bei der Bekämpfung der Wirtschafts-, Korruptions- und Umweltkriminalität sollen Schwerpunkte gesetzt und die Staatsanwaltschaft für eine effektive Strafverfolgung umorganisiert werden. „Unstreitig“ ist Staatssekretär Schomburg zufolge auch die zwischen AL und SPD ausgehandelte Vereinbarung, daß die drei Abteilungen der Staatsanwaltschaft für Ausländer, Strafsachen im Vollzug sowie die politische (P-)Abteilung aufgelöst werden sollen. Die Auflösung der P-Abteilung gebietet sich Schomburg zufolge schon aus „fürsorgerischen Gründen“. Die zugehörigen Staatsanwälte müßten endlich aus ihren „Glaskasten“ herauskommen, nachdem die Abteilung in den letzten zehn Jahren ein zunehmendes Eigenleben entwickelt und rufschädigend für die Justiz gewirkt habe: „Insbesondere im Schmücker-Prozeß, wo den Richtern gewisse Informationen vorenthalten wurden.“ Mit der Auflösung läßt der neue Justizsenat sich allerdings Zeit: „Vor dem 1. Januar 1990 ist faktisch nichts drin“, sagte Schomburg mit Hinweis auf den Geschäftsverteilungsplan. Für Straftaten wie Volksverhetzung soll es laut Staatssekretär weiterhin Spezialzuständigkeiten geben, weil für die Strafverfolgung ein „Hintergrundwissen“ erforderlich sei.

Die Justizsenatorin will sich besonders für ein „soziales Schuldrecht“ einsetzen und eine Initiative zur Änderung des bundesweit geltenden Kreditwesengesetzes betreiben.

Die Justizverwaltung habe „noch keine Entscheidung“ darüber getroffen, ob die Gefangenen-Insassenvertreter in der Haftanstalt Tegel ihre für die kommenden Woche geplante Pressekonferenz abhalten dürfen, sagte Schomburg. Grundsätzlich sollten die Haftanstalten so wie in einigen anderen Bundesländern „pressefreundlicher“ werden und mehr „Durchlässigkeit über die einzelnen Haftbedingungen gestatten“.

plu

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