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Standbild: Grauen Zellen

■ Der Mensch und sein Gehirn

(Der Mensch und sein Gehirn, N3, 3.April, 19.15 Uhr) Der Mensch und sein Gehirn, fraglos eine schwierige Beziehung, denn zehn Milliarden Nervenzellen suchen einen Benutzer. Sie alle waren auch vonnöten, um einen Fernsehbeitrag über das Gehirn, des Menschen komplexestes Organ, zu erstellen. Das naturwissenschaftliche Feature im NDR bot Aufschlußreiches über die Selbstorganisierungsprozesse des Gehirns, über die Strukturierung der Hirnentwicklung durch soziale Signale und über die regen Aktivitäten der Nervenzellen. Dabei wirkten unter anderem mit: Küken und Hühnerembryonen, ein Epileptiker, dem bei vollem Bewußtsein der Kopf geöffnet wurde, und der Affe Gustav, dem ein paar Elektroden im Hirn saßen und dem bei zufriedenstellender Erledigung seiner Aufgaben Orangensaft verabreicht wurde. Allerdings: Es sei „noch ein langer Weg, bis das menschliche Gehirn sich selbst versteht“. Ein Experte verglich den gegenwärtigen Stand der Hirnforschung gar mit dem der Physik zu Zeiten Galileis. Es ging didaktisch trocken, aber nicht uninteressant zu. Eine Sendung, ursprünglich produziert vom Bayerischen Rundfunk, die - natürlich unfreiwillig - Lenins Eindruck, alle Naturwissenschaftler seien spontane Materialisten, bestätigte, ohne daß ein Angehöriger des Klerus seinen Senf dazugeben durfte: Das ist doch was. Scheinprobleme wie etwa die fragwürdige Erkennbarkeit der Außenwelt durch unseren armen Verstand wurden souverän ausgespart. Da sieht man dem Sprecher auch nach, daß er pathetisch vom „Wunder des Lebens“ sprach. Unnachsichtiger hätte der gute Mann aber sein dürfen, als er einem Hirnforscher die Doppelfrage vorlegte: Müssen Tierversuche sein? Und: Wozu Hirnforschung? Statt dessen ließ der Interviewer zu, daß der gelehrte Geist sich um die erste Frage elegant herummogelte und sich mit einem flammenden Plädoyer für die Segnungen der Hirnforschung begnügte.

Peter Körte

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