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Militärdemokratie

■ „Demokratie im Fadenkreuz“, am Montag, ARD, 21.15 Uhr

Drei Militärerhebungen hat Argentinien in den fünf Jahren demokratisch gewählter Regierung erduldet. Und jedesmal ist nach der Beilegung der Revolte weniger Demokratie übriggeblieben. Nach der militärischen Schlappe der Armee im Malwinenkrieg 1982 konnte die Regierung zunächst in die Offensive gehen und Militärs, denen Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen wurde, vor Gericht stellen. Jetzt predigt Präsident Alfonsin das Vergessen und muß die Uniformierten umschmeicheln. Die Zivilregierung wird immer wackliger und die Armee immer mächtiger und arroganter. „Es gibt nicht Loyale, es gibt nicht Rebellen die Militärs sind alle Kriminelle“, skandieren die Mütter der Plaza de Mayo auf einer Demonstration. Tatsächlich halten sie alle zusammen. Armeechef Dante Caridi, der seinen Posten bekommen hat, weil er im Vorjahr die Regierung gegen die Revolte von Leutnant Aldo Rico verteidigte, will den „schmutzigen Krieg“ der siebziger Jahre als patriotische Tat gerechtfertigt wissen. Damit liegt er auf derselben Linie wie Admiral Massera, der während des Prozesses trotzig behauptet hatte: „Niemand muß sich verteidigen, weil er einen gerechten Krieg gewonnen hat.“

Krieg oder Völkermord? Der ARD-Korrespondent Nikolaus Brender stellt diese Frage in seinem Beitrag nicht zur Diskussion. In diesem Konflikt kann es nicht um objektivistische Abwägung der Positionen gehen. Brender ergreift Partei für die Menschenrechtsgruppen, die verlangen, daß die Verbrechen der Vergangenheit nicht ungesühnt bleiben. Die Angehörigen von Verschwundenen lassen anonyme Gräber öffnen, in denen sie ihre Verwandten vermuten. Anthropologen müssen helfen, die Gebeine nach zehn oder mehr Jahren zu identifizieren.

Die Vergangenheit ist noch sehr lebendig in der Erinnerung der Menschen und sie kehrt immer wieder. Im Städtchen Bragado protestieren die Gläubigen gegen den deutschstämmigen Pfarrer von Wenrich, den ihnen der Bischof geschickt hat. Der Geistliche war Vertrauter des berüchtigten Foltergenerals Camps und wurde mehrmals in Folterzellen gesehen. Nie hat er sich für die Opfer eingesetzt. 1977 war er bei der Ermordung von Cecilia Idiart, eines Mädchens aus dieser Stadt, dabei. Auch Bürgerliche sind über diese Unverfrorenheit des Klerus empört.

Der Beitrag, schon vor einigen Monaten gedreht, ist heute hochaktuell: in Argentinien diskutieren die Parteien über die Möglichkeit einer Koalitionsregierung, egal, wer die Wahlen am 14. Mai gewinnt. Denn erst im Dezember findet laut Verfassung der Machtwechsel statt. Die Politiker wollen um jeden Preis vermeiden, daß die Zwischenzeit zu einer Phase der Instabilität wird. Eine engagierte Dokumentation. Historische Reflektionen über die Rolle der Armee und eine kurze Skizze des politischen Kontextes würden dem Laien das Verständnis erleichtern.

Ralf Leonhard

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