Seh'n oder Nichtseh'n

■ RB-Vorabendprogramm Samstag: Die erste von 65 deutschen Folgen „Duck Tales“

„Duck-Tales, huhuhuuu...“ röhrt's rockig zu den Vorspann -Trickbildern einer Mammutserie aus Entenhausen, genauer gesagt: „Neues aus Entenhausen“ nennt sie sich. Und irgendwie assoziiere ich „Niedergang, deutsch -synchronisierter Verfall“ der Walt-Disney-Geschichten vom Geldsack Dagobert, von Donald, von seinen Neffen Tick, Trick und Track und von der Panzerknackerbande.

Ob es die verklärende Erinnerung aus meiner Kindheit und Jugendzeit ist, die mir diese eingedeutschten „Duck-Tales“ so zuwider macht? Ich erinnere mich an Mickey-Mouse-Filme, an Goofy, Gustav Gans, Daniel Düsentrieb - vor allem aber erinnere ich mich an die geschwätzige Sprachlosigkeit der früheren Entenhausen-Filme, an den anarchischen Schnatterton, der wie ein rasend schnell rückwärts gespultes Tonband klang.

An Disney-Trickfilme erinnere ich mich, in denen es eben keine Dialoge gab. Und das ist nun, gründlich in deutsche Synchronisierungs-Münder genommen und darin herumgewälzt, anders geworden. Da kriegen die Panzerknacker im Gefängnis eine Bonbonniere, stopfen Pralinen in den Mund und explodieren. Kaum hat sich der Rauch verzogen, kommentiert ein Panzerknacker: „Das waren keine Bonbons, das waren Bumbums.“ Har, har.

Oder Tick, Trick und Track mit ihren niedlichen Kinderstimmchen: Die Sprecher kommen den Trickfiguren gar nicht hinterher, also quasseln sie an einer Tour und nerven, nerven, nerven. Dagobert entpuppt sich in deutscher Sprache als langweiliger Sozialarbeiter: „Meine Neffen erinnern mich, glaube ich, an mich selbst in diesem Alter“, sagt er, ganz psychologisch geschulter Kontaktbereichserwachsener, zu seinem Butler. Der Gangster heißt „El Capitano“ und sagt deshalb andauernd „Hombres„; die Panzerknacker sind natürlich ungebildet, so, wie sich ein deutscher Drehbuchautor die Ungebildeten vorstellt, und sagen „Antiquarität“. Zum Prusten.

Vor ein, zwei Jahren hab ich im Fernsehen zufällig Donald Duck gesehen, der sich mit Goofy in der Wolle hatte, sich auf der Flucht aus Versehen auf einen Gummi-Abflußaussauger setzte und etwa zehn Minuten lang vergeblich und hemmungslos chaotisierend versuchte, sich gegen Goofy zur Wehr zu setzen und gleichzeitig seinen angesaugten Bürzel zu befreien. Von solchen lachtränentreibenden Geschichten sind die „Duck -Tales“ zum Weinen weit entfernt. Zumindest die erste Folge war ein trister Reinfall. Vielleicht sollte man den Entenhausenern einfach den deutschen Saft abdrehen. Dann wird man sehen, daß die Dialoge den Trickfilmen nichts hinzuzufügen haben. Aber der Schnatterton, der fehlt.

Sybille Simon-Zülch