piwik no script img

Welches Verkehrsmittel-betr.: "Ein Auto ist doch bequemer", taz vom 31.3.89

betr.: „Ein Auto ist doch bequemer“, taz vom 31.3.89

Lieber Gerd, wie Du arbeite auch ich für eine Zeitung, und wie Du muß ich dabei einige Kilometer zurücklegen, nämlich die Strecke Hannover-Amsterdam (etwa 500 Kilometer). Ich fahre mit der Bahn. Das ist nicht nur ökonomisch, sondern auch produktiv, nutze ich die fünf Stunden Fahrtzeit doch um in Ruhe Quellen studieren zu können und allerlei Material aufzuarbeiten. Manchmal fahre ich auch über größere Strecken mit dem Liegewagen, das spart Zeit und Geld.

Solange das Auto nur „als gutes Beispiel“ stehen bleibt und nicht aus Einsicht, bleibt es das: ein (gutes) Beispiel. Und dann ist es in der Tat zweifelhaft, ob ein (gutes) Beispiel etwas bewirkt.

Liebe Barbara, Benzin wird aus Öl gewonnen. Und so macht mein Auto eine Umweltkatastrophe wie die vor Alaska mit möglich. Sicher, die AutofahrerInnen sind auch nur in der Ölverbraucherkette eingebunden. Wer nicht? Und an welcher Stelle? Sicher gehören sie zu den zu vernachlässigenden 30 Prozent. Auch zur Luft- und Umweltverschmutzung trägt der Verkehr ja nur zu mindestens 30 Prozent bei. Solange der Umweltschutz nicht bequemer angeboten wird, bleiben wir beim Auto. Wie jede/r. Ohne Autofahren werden wir neurotisch, die Lustbefriedigung muß gewährleistet bleiben.

Liebe Antje, herzlichen Glückwunsch zu Deinem Kind. Glücklicherweise hast Du auch ein Auto. Wer ein Kind hat, braucht es. In der Blechkiste ist es bestens geschützt vor allerlei Gefahr: Saurem Regen, Treibhauseffekt, Verkehrsunfall, Waldsterben... Ein Wunder, daß es mir mit 25 Jahren (noch) so gut geht - meine Mutter hatte kein Auto und drei Kinder. Und wenn wir später unseren Kindern die von ihnen geliehene Welt zurückgeben, dann mit Auto.

Es gibt eine Menge Gründe, die gegen das Auto sprechen. Auch einige dafür. Wir sollten vor jedem Fahrtantritt bewußt und kritisch entscheiden, welches der vielen Verkehrsmittel wir wählen. Für uns und unsere Kinder und deren Kinder.

Stefan Braun, Wennigsen/Deister

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen