: Zu große Namen
■ Mike Stern und Bob Berg gingen für die neue Platte von Jukkis Uotila on the road und spielten am Sonntag im Modernes
„Mike Stern und Band“ war vom Modernes im Mix angekündigt worden, und die meisten Leute waren wohl auch gekommen, um den Ex Miles Davis Gitaristen zu hören und zu sehen. Aber eigentlich hätte es „Jukkis Uotila und Band“ heißen müßen, den diese Gruppe wurde zusammengestellt und tourt jetzt, um die neue Platte des finnischen Schlagzeugers bekanntzumachen. So wurden dann auch zum größten Teil seine Stücke gespielt, und mit der Zeit wurde es penetrant, daß er nach jedem Stück noch einmal den Plattentitel erwähnen mußte. Schwerer wog es, daß seine Kompositionen meist nicht sehr einfallsreiche Jazzrockvehikel für die Soli waren. Bei den wenigen Stücken aus der Feder von Stern und das Saxophoniste Bob Berg wurde das Gefälle überdeutlich.
Erfreulicherweise ist Uotila aber keiner von den Jazzrockdrummern, die sich laut und angeberisch in den Vordergrund spielen. Der technisch makellos und vielseitig spielende Finne, dem allerdings der eigene Ton und Stil fehlt, hielt sich auch in seinem Solo sparsam zurück. Die beiden Schweden Lars Jansson am Piano und Lars Danielson am Bass wirkten eingeschüchtert von den US-Stars und waren scheinbar
mit den paar Kantstücken und Krümmeln ganz zufrieden, die ihnen vom Solikuchen zugestanden wurden. Und so wurden den Stars aus Amerika ein Sahnestück nach dem anderen auf den Teller geschoben. Mike Stern ist das Raubein unter den Jazzgitaristen. Die Spannung zwischen seinem Habitus eines Rockmusikers sowie seinem immer etwas dreckig verzehrten Sound und der komplizierten Phrasierung ließ auch bei den sehr ausufernden Soli nicht nach. In der ohne Begleitung gespielten Introduktion zu seinem Stück „After You“ zeigte er en passant die Spannweite seiner Technik, die von Wes Montgomerys Oktavenspiel bis zu elektronischen Soundfeldern mit Echo und ausgefiltertem Anschlag reichen. Seine anderen Soli waren schmuckloser, in den rockigen Phasen sehr schnell und laut. Tenorsaxophonist Bob Berg, auch ein Exmitglied der Miles Davis Group, harmonierte vom Temperament her mit Stern. Auch er spielt sehr expressionistisch, hat die Stile und Techniken der „alten Meister“ des Jazz gut studiert und einen eigenen, schneidenden und sehr modernen Stil entwickelt: Er war Stern als einziger auf der Bühne ebenbürtig.
Willy Taub
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