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Chronologie

■ 70 Tage Hungerstreik / 70 Tage und kein Kompromiß

Helmut Pohl hat am 1. Februar in einer Erklärung der Gefangenen aus der RAF zum Hungerstreik die „Zusammenlegung aller Gefangenen aus Guerilla und Widerstand in ein oder zwei große Gruppen“ gefordert. Seither haben die Inhaftierten eine Zusammenlegung in Kleingruppen immer wieder abgelehnt. Sie hatten aber auch betont, über den Weg zu einer Lösung könne verhandelt werden. Ende letzter Woche hat zuletzt der Rechtsanwalt Rainer Koch für seinen Mandanten Karl-Heinz Dellwo erklärt, Dellwo könne einer Zusammenlegung in Gruppen von mindestens acht Personen dann zustimmen, wenn dies ausdrücklich als Zwischenlösung verstanden würde.

Das Angebot der SPD-regierten Länder, das sie am Montag im Anschluß an die gescheiterte Justizministerkonferenz vorlegten, sieht dagegen eine Gruppengröße von vier bis sechs Personen vor. Die Regierungschefs von Nordrhein -Westfalen, Schleswig-Holstein und Berlin betonten auch ausdrücklich, die Forderung nach einer „Zusammenlegung in eine oder zwei Großgruppen ist aus der konkreten Haftsituation nicht begründet. Sie ist auch im Verständnis der Wortführer selbst nur ein Instrument ihres Kampfes gegen unsere Rechtsordnung“. Als Voraussetzung nannten die SPD -Ministerpräsidenten den Abbruch des Hungerstreiks.

Für eine Zusammenlegung der RAF-Gefangenen in Gruppen von durchschnittlich sieben Personen hatte bereits Anfang März der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Gerhard Boeden, plädiert. Er legte den politisch Verantwortlichen ein Papier vor, in dem er eine „Zusammenlegung in kleinere, nach sozialpsychologischen Kriterien zusammengestellte Gruppen“ unterstützte. Eine Zusammenstellung „nach sozialpsychologischen Kriterien“ war von Rechtsanwälten und Gefangenen sofort als unzumutbar abgelehnt worden. Der Vorschlag des Verfassungsschutzes stieß auf ein kategorisches „Nein“ der Bundesländer Bayern und Baden -Württemberg.

Zuletzt scheiterte am Votum der Unionsregierten Bundesländer - mit der Ausnahme von Rheinland-Pfalz - auch der Vorschlag des Bonner Staatssekretärs Klaus Kinkel, der eine Kleingruppenlösung mit fünf Gruppen zu jeweils fünf Personen angeregt hatte. Kinkel war von den Justizministern der Länder offiziell beauftragt worden, mit den Hungerstreikenden zu verhandeln.

Wolfgang Gast

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