Fische vor Gericht

■ Häftling vom Fischdiebstahl freigesprochen Bagatelle beschäftigte die Justiz

Mit kleinen Fischen hatte sich Mittwoch ein Tiergartener Amtsrichter zu befassen. Einem 41jährigen Häftling wurde vorgeworfen, sechs Tanganika-Cichliden, Fische aus Afrika, mit einem Gesamtwert von 360 Mark aus einem Aquariumraum gestohlen und in seine Zelle gebracht zu haben. Außerdem ging es um den Diebstahl von Aquariumzubehör, das vor dem Umzug des Angeklagten in ein anderes Haus der JVA Tegel in seiner alten Zelle gefunden wurde. Der Angeklagte wurde freigesprochen. Vor seiner Verlegung hatte er sich um die Versorgung der Fische in einer besonderen Zelle mit 20 Aquarien gekümmert. Es stellte sich heraus, daß der Mann die afrikanischen Fische über einen anderen Häftling für Tabak und Kaffee gekauft hatte und in den Aquariumraum des anderen Anstaltshauses mitnehmen wollte. Der für die Fische zuständige Justizbeamte hatte ausgesagt, daß die Tiere im Aquariumraum Eigentum der Justizvollzugsanstalt geworden seien. Es sei den Gefangenen nämlich nicht erlaubt, „lebendes Eigentum“ in den Zellen zu halten. Daß bei der „Aquarium-Regelung“ die Fische in den Bestand der Haftanstalt übergehen, lasse nicht folgern, erklärte der Richter, daß der Angeklagte der Justiz damit sein Eigentum übertragen hat. Dem stehe entgegen, daß die Tiere für den Häftling einen erheblichen Wert darstellen, nämlich zwei Monatseinkommen im Gefängnis. Auch der Diebstahl des Zubehörs war nicht nachzuweisen, weil die Gegenstände in der Zelle vor Verlegung des Häftlings gefunden wurden. Damit stehe nicht fest, ob er sie wegnehmen wollte. Auf Freispruch hatte auch die Staatsanwaltschaft plädiert. Der Verteidiger hatte kritisiert, daß die „überbelastete Strafjustiz“ sich mit solchen Bagatellen aufhalte. Der Justizbeamte hatte dem Häftling zum Schluß versprochen, daß er die Fische zurückbekomme. Auch diese Anklage war von der kritisierten Abteilung 67 der Staatsanwaltschaft erhoben worden.

dpa