: Swapo-Kämpfer unauffindbar
UNO-Versammlungspunkte sind noch leer / Furcht vor Verhören durch südafrikanische Offiziere ■ Aus Johannesburg Hans Brandt
Der Unabhängigkeitsprozeß in Namibia bleibt bedroht: Bis gestern hatten sich noch kaum Kämpfer der südwestafrikanischen Volksorganisation Swapo an den neun Versammlungspunkten eingefunden, die nach dem Abkommens zwischen Südafrika, Angola und Kuba im Norden des Landes eingerichteten worden sind. Dort sollten sie sich melden, um unter UNO-Aufsicht nach Angola gebracht zu werden. Statt dessen befürchteten Polizeisprecher, daß die Guerilleros ihre Waffen vergraben hätten und in der Zivilbevölkerung untergetaucht seien. Allerdings hat es seit drei Tagen keine neuen Gefechte mehr gegeben.
Swapo-Präsident Sam Nujoma rief gestern im Radio seine Kämpfer zur Rückkehr nach Angola auf, erwähnte jedoch die UNO-Versammlungspunkte nicht. Diese Stellen waren in aller Eile am Dienstag von der „United Nations Transition Assistance Group“ (Untag) in Namibia aufgebaut worden. UNO -Flaggen, die die etwa 1.500 Swapo-Kämpfer von der Neutralität der Lager überzeugen sollen, wurden behelfsmäßig in Dornenbäumen aufgehängt. Doch der südafrikanische Generalverwalter in Namibia, Louis Pienaar, betonte, daß bei jedem Lager neben fünfzehn Untag-Truppen bis zu 35 südafrikanische Polizisten und Soldaten eingesetzt würden.
Zudem beansprucht Südafrika das Recht, die in den Lagern auftauchenden Freischärler zu verhören, um die Lagerstätten für vergrabene Waffen zu erfahren, und um die Zahl der seit dem 1.April aus Angola nach Namibia gekommenen Guerilleros zu verifizieren. Cedric Thornberry, ein führender Untag -Beamter, bestritt jedoch, daß die Südafrikaner das Recht zu Verhören hätten.
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Die Versammlungspunkte befinden sich meist in unmittelbarer Nähe südafrikanischer Militär-stützpunkte. Anwohner der Lager glauben deshalb, daß die Swapo-Kämpfer es nicht riskieren würden, an
südafrikanischen Militärs vorbei in die UNO-Lager zu gehen.
Bisher konnten nur die Spuren von 25 Kämpfern entdeckt werden, die auf eigene Faust die Grenze nach Angola überquert haben. Es ist zu erwarten, daß die Zivilbevölkerung mit erheblichen Schikanen rechnen muß, wenn die Polizei versuchen sollte, die untergetauchten Guerilleros aufzuspüren.
Ohnehin ist unklar, ob die Swapo-Kämpfer überhaupt von der Möglichkeit des freien Geleits nach Angola wissen. Zwar werden ständig in verschiedenen Sprachen im Radio Hinweise ausgestrahlt. Doch die Swapo-Einheiten haben wahrscheinlich keine Radioempfänger. Auch ob sie mit ihrem Hauptquartier in Angola in Funkkontakt sind, ist nicht klar.
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