: Beth will Ellweiler gesundbeten
Mainzer Umweltministerium gibt Grenzwertüberschreitung zu, läßt Urananlage aber in Betrieb ■ Aus Mainz Fabian Fauch
Die rheinland-pfälzische Urananlage Ellweiler überschreitet bei weitem den Strahlengrenzwert. Dennoch sah gestern der Mainzer Umweltminister Beth (CDU) erneut von einer sofortigen Schließung ab. Vielmehr gewährte er der Betreiberfirma „Gewerkschaft Brunhilde“ einen zweiten Aufschub: In drei Wochen soll „Brunhilde“ ein Sanierungskonzept für die radioaktiven Abraumhalden der Urananlage liefern. Die Mainzer Grünen sehen darin ein „menschenverachtendes Hinhaltemanöver“ der Landesregierung. Beth und sein Amtsvorgänger Wilhelm (CDU) hatten den Betreibern schon einmal eine Frist gelassen: Sie sollten bis zum 31. März die fehlenden Genehmigungen nach Bundes -Immissionsschutzgesetz (Bimsch) und Strahlenschutzverordnung nachreichen, sonst müsse die Anlage stillgelegt werden. Die Bedingungen, so hieß es gestern, seien erfüllt. Doch daran gibt es Zweifel: Wie kann die Genehmigung erteilt worden sein, wenn die Halden zweifelsohne dem Strahlenschutz nicht genügen? Wenn diese Genehmigung aber fehlt, müßte Ellweiler gemäß Ministerversprechen sofort dichtgemacht werden. Der Verdacht des Grünen Franz Jakob ist begründet: Beth will Zeit gewinnen. Und zwar so lange, bis Ende April - also noch vor Ablauf der zweiten Frist - die Strahlenschutzverordnung novelliert sein wird. Dann könnte Ellweiler aus dem Strahlenschutz heraus und unters Bergrecht fallen. Der Entwurf der neuen Verordnung sieht nämlich vor: „Eine Genehmigung ist nicht erforderlich bei dem Aufsuchen, Gewinnen oder Aufbereiten von radioaktiven Bodenschätzen, soweit das Bundesberggesetz Anwendung findet.“
Beths Ministerium mußte gestern eingestehen: Bislang hatte es stets die unzulässig hohe Strahlung bestritten - nun aber kommt es zu einem ähnlichen Schluß wie die Umweltschützer. Der Grenzwert liegt bei 30 Millirem Strahlenbelastung. Die Werte in Ellweiler betragen laut Gutachten, dessen Details der Öffentlichkeit vorenthalten werden, 405 Millirem am Geländezaun und bis zu 114 Millirem in einem nahegelegenen Rasthaus. „Brunhilde“ soll zu den überhöhten Strahlenwerten binnen drei Wochen Stellung nehmen. Sie soll zudem „Maßnahmen ergreifen, die über die bisherige Haldensanierung weit hinausgehen“. Zudem mache die Grenzwertüberschreitung „ein Eingreifen des Gewerbeaufsichtsamtes erforderlich“. Der zuständige Gewerbeaufseher war gestern „nicht erreichbar“.
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