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Bürgerrechtler fordern Dialog

■ Offener Brief an DDR-Außenminister Fischer / Gorbatschow als Vorbild genannt / „Politische Mumifizierung“ bei SED diagnostiziert

Ost-Berliner Bürgerrechtler haben der DDR-Regierung vorgeworfen, die aus dem Abschlußpapier des Wiener KSZE -Folgetreffens hervorgehenden Verpflichtungen in Fragen der Menschenrechte nicht einzuhalten. Gleichzeitig rief die „Projektgruppe Ökologie und Menschenrechte“ in einem am Freitag in Ost-Berlin bekanntgewordenen offenen Brief an Außenminister Oskar Fischer die SED-Führung zum Dialog mit der Opposition auf.

Die Regierung werde in der Frage der „real verwirklichten Menschenrechte im real existierenden Sozialismus“ mit Sicherheit nicht umhinkönnen, „die sehr viel realistischeren Positionen auch der Sowjetunion in dieser Frage zu akzeptieren“, hieß es. Die Ost-Berliner Ärztin und Psychiaterin Carmen Luchmann nannte als Mitunterzeichnerin des Briefes Michail Gorbatschow als Vorbild für die DDR -Regierung. Er sei das „Beispiel eines brillanten und weitsichtigen Gestalters einer neuen Zeit des Dialogs und demokratischer Entwicklungen“. Während sich in den Ostblock -Staaten eine Umgestaltung vollziehe, befinde sich „die DDR in einer Phase der gesellschaftlichen Stagnation und die SED in einem Zustand der politischen Mumifizierung“.

Ein glaubwürdiger Frieden nach außen bedürfe auch des Friedens nach innen, „eines Friedens allerdings, der keine Grabesstille ist“, erklärten die Unterzeichner in ihrem Schreiben. Eine Isolationspolitik in bezug auf die eigene Bevölkerung, die die 50- oder 100jährige Dauer einer Institution beschwören müsse, die „antifaschistischer Schutzwall“ genannt werde „und die zur Behinderung und oft auch zur Todesfalle bei dem Versuch der realen Verwirklichung menschenrechtlicher Zusagen ihrer Regierung wird, demaskiert sich selbst“.

Fischer sollte sich von Sozialwissenschaftlern den „evidenten Zusammenhang von chronisch administrativer Bevormundung, politischer Unmündigkeit, Beschränkung der Menschenrechte und fehlender Bereitschaft der Staatsbürger, zur Entwicklung ihres Staates aktiv und schöpferisch beizutragen“, erläutern lassen. Die massive Beschneidung demokratischer Freiheiten führt nach Ansicht der DDR -Oppositionellen im Lande zur „intellektuellen Aushungerung der Persönlichkeit und beeinträchtigt die „psychische Gesundheit“.

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