: Fußballwochenende: Gewalt und Mammon
■ 500 „Fans“ prügelten sich am Samstag anläßlich der Begegnung Hertha gegen Schalke / In Köln war Blau-Weiß trotz Reisekostenunterstützung des Senats schlapp: Fortuna Köln - Blau Weiß 90 Berlin 2:1 / Aufstieg und Geld verspielt
Anläßlich der Begegnung Hertha BSC gegen Schalke 04 prügelten sich am Samstag in Berlin rund 500 „Fans“. Bereits eine Stunde vor Spielbeginn schlugen die „Anhänger“ der Profi-Clubs rund ums Stadion aufeinander ein. Während des Spiels blieb es nach Polizeiangaben „relativ ruhig“. Jedoch heizte sich die Atmosphäre unmittelbar vor Spielende erneut auf, als die Herthaner durch den früher für Schalke spielenden Patzke zum Siegtreffer kamen.
Offenbar nehmen die Fußball-Schläger die im Profigeschäft alltäglichen Spielerverkäufe sehr persönlich und nehmen den Treffer eines ehemaligen Vereinsangehörigen zum Anlaß, sich gefährlich zu verletzen. Nach Abschluß der Begegnung bekämpften sich die „Fans“ in der Nähe des Bahnhof Zoo und auf dem Kurfürstendamm. Die Polizei teilte am Sonntag mit, daß die Hardenbergstraße wegen der Ausschreitungen für zwanzig Minuten gesperrt werden mußte. Insgesamt erfolgten zehn Festnahmen.
Das Fußballgeschäft ging und geht unterdessen ohne Unterbrechungen weiter. Der Rubel beziehungsweise der Ball muß rollen. Und er rollt. Zum Beispiel in Köln, wo Blau-Weiß wohl die Chance auf einen Aufstieg in die 1.Bundesliga verspielt hat. Aus der Domstadt erreichte uns folgender Spielbericht:
Der Herbstmeister als Herbstzeitlose? Drei Spiele in einer Woche, die darum „englisch“ geheißen wird, mit 1:5 Punkten das kommt den Betrachtern im mittleren Westen doch spanisch vor. Blau-Weiß wird nämlich gern gesehen, hört, hört, „als die spielkulturell beste Mannschaft der Liga“. Und dies ist nicht allein die Meinung des Kölner Trainers Hannes Linßen.
Allerdings kam einiges auf dessen schwergewichtigen Kollegen Bernd Hoss während der Woche zu. Da war zunächst die 1:2-Niederlage am Dienstag in Saarbrücken beim strammen Rechtsaußen Schleppner und dann die Kabinettsumbildung am Donnerstag. Der Absturz des Tieffliegers Rupert Scholz so kurz vor dem Match bei dem Mitkonkurrenten als Grund für den verheerenden Tabellenrutsch? Sagte doch Hoss hinterher: „Mein Angriff war einfach nicht da.“ Na bitte.
Dennoch spiegelten zwei höchst unterschiedliche Halbzeiten die beiden Berlin-Gesichter: Zunächst top, danach nur noch hopp. Fortunen-Coach Linßen, mit Halbglatze und wehendem Resthaar, war nach der Führung durch Thorsten Schlumberger „fix und fertig, niemand ist auswärts so frech wie die“. Mit sicherem Paßspiel wurde da auf den langen, steilen Konter gewartet. Schmidt auf Schlumberger nach zehn Minuten im ersten Versuch, der zweite paßte nur zwei Minuten später. Mit Mann und Maus stürmte das blau-weiße Mittelfeld, die kleinere Fortuna-Filiale hätte dichtmachen können.
Doch statt eines früheren Knock-outs der überraschende Ausgleich zweier Tonys im Duett: Flanke Baffoes, Woodcock köpfte satt in Magers Maschen. Unbeeindruckt von dem Störfall beherrschte Berlin den Rasen bis zur Pause, ein schmeichelhafter Zwischenstand für die Millionen-Elf vom Rhein. Doch dann kam Köln und immer wieder Tony Baffoes.
Der Publikumsliebling („Jiff de Mejer de Ball“) flankte nach einer geschlagenen Stunde entscheidend auf den Kopf von Vorstopper Hupe, und Reinhold Mager reagierte entscheidend falsch, weil zunächst nicht rechtzeitig und dann gar nicht. Anders Hoss, der mit Adler für den unscheinbaren Mitsche und Gaedke (nach langer Verletzung mit guten 22 Restminuten) sowie der „Auflösung“ von Libero Haller noch zwei klare Chancen in der Schlußphase erarbeiten ließ. Fazit von Hoss: „Auftsieg ist im Moment nicht die Frage.“
Was im Augenblick der Niederlagen niemand mehr im Westen als die Schalker freut. Blau-Weiß ist letzter Gast des wahrscheinlichen Traditionsabsteigers am vorletzten Spieltag. Und in Gelsenkirchen hoffen alle, daß Berlin bis dahin ganz aus dem Rennen ist und nur noch mit lascher Kraft die Reisekosten vom Senat kassiert: „Die spielen doch in der nächsten Saison lieber gegen Schalke als gegen Viktoria Edenkoben oder Unterhaching.“
th.d./dpa/Ernst Thomann
Fortuna Köln - Blau Weiß 2:1: Jarecki, Hutwalker, Ritter, Hupe, Baffoe, Niggemann, Seufert, Pförtner, Hielscher, Fuchs, Woodcock.
Mager, Haller, Schmidt, Schlegel, Holzer, Levy, Stark, Schlumberger, Dinauer, Kramer, Nitsche.
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