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Licht und Schatten virtuos

■ „Tiere wie wild“ heißt eine Ausstellung mit Fotografien von Ille Oelhaf im Fotoforum, obwohl es sich um Insassen einer geschlossenen Abteilung handelt: Tiere im Zoo

„Es gibt eigentlich nur drei Arten von Fotos“, hat Altmeister Robert Doisneau einmal gesagt, „Menschen, Tiere und Kinder“. Ille Oelhaf zeigt alle drei Varianten, aber die Tiere sind in der Überzahl. Nicht verwunderlich, denn alle Aufnahmen der Ausstellung, die zur Zeit im Fotoforum Fedelhören zu sehen ist, wurden in Zoos gemacht. Verwunderlich ist aber der Titel der Ausstellung und des Buches, aus dem die Fotos entnommen wurden. Der lautet nämlich „Tiere wie wild“, obwohl es sich doch um Insassen einer geschlossenen Anstalt handelt. 34 Bilder in künstlerischem Schwarz-Weiß hängen in nur noch zwei Räumen. Das Fotoforum hat umdisponiert und aus dem ehemaligen dritten Ausstellungsraum ein Büro gemacht. Der übliche Bremer Kulturverfall. Zebras, Elefanten, Affen und

Reiher haben mit soetwas keine Probleme.

Besonders schön sind die Bilder, in denen die Bewegungen der Tiere als verwischte Spuren auftauchen oder die Konfrontationen mit den Menschen. Wer starrt da wen an? Ille Oelhaf gestaltet virtuos mit Licht und Schatten, aber nicht jeder Abzug ist wirklich perfekt, es gibt einige technische Mängel.

Überhaupt hängen großartige Bilder neben mittelmäßigen, die mich fatal an das Fotoalbum meiner Mutter erinnern. Die ging in den fünfziger Jahren mit ihrem ersten Freund immer in den Zoo, um zu knipsen. Trotzdem! „Wo die Elefanten, sich verstellend wie Berge beim Erdbeben, das Kind um Futter bitten, der Wahrheit ihren uralten Sinn gebend: essen will ich! essen! - und sich verneigen, als bäten sie um eine

milde Gabe“. Ein Zitat von Velimir Chlebnikov, aus dem Buch „Tiere wie wild“, ausgesucht von Karin Kiwus, die auch das Vorwort geschrieben hat. Sie las auf der Eröffnung der Ausstellung, zu der nur ein knappes Dutzend Bremer erschien. All die sensationsgeilen Hobbyknipser und Voyeure, die Lupinos nackte Modells angafften, kniffen hier mal wieder bei Kultur pur.

Beim Rausgehen guckt mich dann dieses kleine, nasse Auge, aus runzligen Falten heraus an. Ganz von oben herab, der große graue Bruder. Unter dem Auge ein Schild: „Nicht Rauchen“.

Wolfram Steinberg

Die Ausstellung ist noch bis zum 24.4 im Fotoforum Fedelhören zu sehen. Das Buch „Tiere wie wild“ ist beim Greno Verlag in Nördlingen erschienen und kostet 28 DM.

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