Chinas Führung wird ungeduldig

■ Studenten protestieren weiter / Führung droht mit Sanktionen Väter des Kommunismus verschwinden aus dem Stadtbild

Peking (dpa/taz/ap) - Nachdem die chinesische Polizei am Donnerstag erstmals gewaltsam gegen demonstrierende Studenten vorgegangen ist, hat die Pekinger Führung im Fernsehen vor weiteren Störungen der öffentlichen Ordnung gewarnt. Die Stadtverwaltung äußerte in einer Verlautbarung zwar Verständnis für die Trauerbekundungen für den am Samstag verstorbenen ehemaligen Parteichef Hu Yaobang, drohte aber zugleich, gegen weitere Proteste mit allen gesetzlich erlaubten Mitteln vorzugehen. Augenzeugen hatten zuvor berichtet, mehr als 1.000 Polizsten hätten am Donnerstag morgen rund 3.000 Demonstranten von der Hauptverkehrsstraße vor dem Platz des himmlischen Friedens vertrieben, wo sich Studenten seit Tagen zu Kundgebungen für mehr demokratische Freiheiten versammeln. Bei dem Polizeieinsatz seien Demonstranten geschlagen und getreten und mindestens ein Dutzend der Kundgebungsteilnehmer festgenommen worden.

Am Mittwoch hatten sich etwa 15.000 Studenten, Schüler, Arbeiter und Bauern auf dem Tienanmen-Platz eingefunden und am Denkmal für die Helden des Volkes Kränze für Hu Yaobang nierdergelegt. Ein Gemälde für den Verstorbenen wurde aufgestellt. Der Reformpolitiker Hu hatte 1957, als gegen rechtsgerichtete Kräfte vorgegangen wurde, Intellektuelle in Schutz genommen. Außerdem bemühte er sich den während der Kulturrevolution Verfolgten zu helfen. Weil er gegen die Studentenproteste von 1986 nicht rigoros genug durchgegriffen hatte, wurde er zum Rücktritt gezwungen.

Die jüngsten Proteste sind zwar bislang nicht so stark wie die von 1986, als immerhin in zwanzig Universitäten demonstriert wurde, die Protestkundgebungen in Peking sind jedoch bei weitem größer als die von 1986-87. Zu den Forderungen der Studenten gehören unter anderem die Klärung der Umstände, unter denen Hu seines Posten enthoben worden war. Auch die Ablösung des Revisionisten Li Peng wird von den Studenten gefordert. Li hat auf dem jüngsten Volkskongreß deutlich gemacht, daß politische Reformen nach osteuropäischen Muster in naher Zukunft nicht anstehen.

Unterdessen entschloß sich die Pekinger Führung den Tiananmen-Platz in Zukunft bei offiziellen Feiern nicht mit Porträts von Marx, Lenin oder Stalin zu schmücken. Die chinesische Führung will die Väter des Kommunismus zum Tag der Arbeit im Mai und zum chinesischen Nationalfeiertag am 1. Oktober nicht mehr auf dem größten Platz der Welt sehen, meldete die Peking nahestehende Zeitung 'Wen Wei Po‘ am Donnerstag in Hongkong. Der sowjetische Staats- und Parteichef Michail Gorbatschow wird Mitte Mai in Peking erwartet.

sl