„Präsident Bush ist kein willkommener Gast“

■ AL-Vorstandsmitglied Christian Ströbele zur Einladung des Regierenden Bürgermeisters an George Bush nach Berlin / Partei soll sich an Demonstrationen gegen die Politik des US-Präsidenten in Lateinamerika und Nicaragua beteiligen

taz: Es ist ja jetzt das Ereignis eingetreten, von dem die AL immer wollte, daß es noch möglichst lange auf sich warten lassen sollte. Der amerikanische Präsident ist eingeladen.

Christian Ströbele: Also ich hab‘ das ja zuerst auch nicht glauben wollen, was da passiert ist. Ich kann dazu nur sagen: Mußte das sein, und mußte das jetzt schon sein?

Aber die AL als Regierungspartei hat die Einladung doch indirekt mit ausgesprochen.

Die AL hat ihn nicht eingeladen. Es gibt da noch keine offizielle Beschlußlage, aber ich kann für mich sagen, Präsident Bush ist kein willkommener Gast hier in Berlin jedenfalls derzeit nicht. Wenn er in ein paar Jahren zeigt, daß er eine grundsätzlich andere Politik macht, könnte man das ja mal überlegen.

Heißt das, die AL wird gegen den Besuch demonstrieren?

Es gibt auch dazu noch keine Beschlüsse. Ich will nicht nur eine schöne Demo in einem möglichst breiten Bündnis. Wir sollten uns da zusätzlich was einfallen lassen.

Was denn?

So ein Besuch ist ja ein symbolischer Akt. Das soll zum Ausdruck bringen, daß er seineFreiheit in Berlin weiter verteidigen will. Und das müssen wir konterkarieren mit einer ebenfalls symbolischen Aktion, die deutlich macht, was wir von ihm und seiner Politik, die er in Latein- und Mittelamerika betreibt, halten.

Was könnte denn ein solcher symbolischer Akt sein, wollt ihr den Senatorinnen verbieten, an einem möglichen Empfang teilzunehmen oder wie?

Das wäre mir zu wenig. Da muß für die Länder und Völker was rauskommen, die unter der Politik dieses Präsidenten zu leiden haben. Zum Beispiel eine spektakuläre Spende auf das taz-Konto „Waffen für El Salvador“.

Das heißt, die AL geht beim Bush-Besuch wieder in die Opposition? Habt ihr ihm nichts zu sagen?

Es gibt natürlich viel mit ihm zu verhandeln. Beispielsweise über die Verminderung der amerikanischen Truppen in der Stadt. Aber ich habe jetzt bei dem Besuch von Momper und der Senatorin Schreyer nicht den Eindruck gewonnen, daß Bush überhaupt Interesse hat, inhaltlich zu reden.

Hast du Sorge, daß es Zoff geben wird bei einer möglichen Demo?

Also ich bin immer dagegen, Auseinandersetzungen herbeizureden. Aber daß es Demonstrationen geben wird und auch andere demonstrative Angelegenheiten, davon gehe ich aus.

Und die AL wird sich daran beteiligen?

Ich werde mich jedenfalls dafür einsetzen.

Wie hieße denn das Thema einer solchen Demonstration?

Na wie immer: Protest gegen seine imperiale Politik etwa in den lateinamerikanischen Ländern und Nicaragua. Daß er sich nach wie vor mit dieser Soldateska verbindet, die sich Contra nennt. Bush hat auch bislang keinen Hinweis darauf gegeben, daß er auf Vorschläge von Gorbatschow zur Abrüstung eingehen will. Da ist Kritik genauso berechtigt wie 1987, als Reagan hier war.

Interview: bf