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Mieten, neu gespiegelt

■ Bausenator kündigt statistische Erhebung für einen neuen Mietspiegel an Wissenschaftlich fundierte statt zufällige Methode soll den Mietspiegel „entzerren“

Berlin wird einen neuen Mietspiegel erhalten, der nach einer neuen Methode zusammengestellt wird. Es ist noch nicht sicher, ob dadurch die Mieten weiter ansteigen werden. „Von Rechts wegen dazu gezwungen und unabhängig von der Mietenpolitik des rot-grünen Senats“, kündigte der alte Kämpfer gegen die Aufhebung der Mietpreisbindung und jetzige Bausenator Wolfgang Nagel gestern die Erstellung des neuen Mietspiegels an. Der derzeitige, gültig seit 17.November 1987 und - so Nagel - „als Kontrollinstrument bei der Mietpreisgestaltung bewährt“, läuft Ende dieses Jahres aus. Im Einvernehmen mit Interessenvertretern der Mieter und Vermieter hat Nagel diese Aufgabe dem Hamburger GEWOS -Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung übertragen, um zu gewährleisten, daß der Mietspiegel „wissenschaftlichen Kriterien standhält“.

Zu diesem Zweck werden in der Zeit von Mai bis Juli InterviewerInnen des EMNID-Instituts Mieter und Vermieter von rund 13.000 durch eine Zufallsstichprobe bestimmten Wohnungen detailliert befragen.

Erstmals sollen auch die Mieten im freifinanzierten Neubau erfaßt werden. Ob es dann auch einen Neubau-Mietspiegel geben wird, ist aufgrund des Widerstands der Vermieterverbände noch unsicher. Nicht nur in dieser Frage, so Nagel, bestünde noch erheblicher Diskussionsbedarf.

Die wissenschaftlich fundierte Auswertung der erhobenen Daten soll, hofft Nagel, einen verbesserten Mietspiegel erstellen. Ob er auch für die Mieter als verbessert gelten kann, bleibt abzuwarten. Das Risiko sei gleichmäßig verteilt, so Hartmann Vetter vom Mieterverein: Es könne sich herausstellen, daß die Daten höhere Mieten ergeben, „es kann aber auch bleiben, wie es ist“. Immerhin soll die statistisch ausgefeilte Art der Erhebung und Auswertung ein realistischeres Bild der Mietpreisgestaltung erbringen. Der Mietspiegel soll auf diese Weise entzerrt werden.

Wie Bausenator und Mieterverbände reagieren werden, wenn der neue Mietspiegel zu mehr Mieterhöhungen als bisher führen wird, bleibt zunächst ungewiß. Nagel wies in diesem Zusammenhang nur auf die Initiative für eine neue gesetzliche Regelung zur Mietpreisbindung hin. Allerdings könne mit deren Verwirklichung nicht vor 1990 gerechnet werden, also müsse man die Kröte Mietspiegel schlucken. Vetter: „Man kann einen (Miet-)Spiegel nicht zerschlagen, nur weil einem der Gegenstand nicht paßt, den er reflektiert. Da muß man eben diesen Gegenstand verändern.“ Und das kann dauern.

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