: Grünen-Streit um Hungerstreik-Demo
■ Hauptausschuß der Grünen streitet mit Bundesvorstand und Bundestagsfraktion um Aufruf für Hungerstreik-Demonstration
Bonn (dpa) - Bei den Grünen ist ein offener Streit um die für den kommenden Samstag in Bonn geplante Demonstration zur Unterstützung der im Hungerstreik befindlichen Häftlinge aus der Roten-Armee-Fraktion (RAF) ausgebrochen. Der Bundeshauptausschuß - das höchste Gremium zwischen den Parteitagen - stellte sich am Sonntag mit klarer Mehrheit hinter den radikal formulierten Demonstrationsaufruf eines Vorbereitungskreises.
Er wandte sich damit gegen Bemühungen von Bundesvorstand und Bundestagsfraktion der Grünen, Abmilderungen in dem Aufruf und eine andere Zusammensetzung der Redner auf der Abschlußkundgebung zu erreichen. In dem Aufruf heißt es u.a., es gehe um die „volle Unterstützung aller Forderungen der kämpfenden Gefangenen“.
Die Sprecherin im Grünen-Fraktionsvorstand, Antje Vollmer, bezeichnete den Beschluß des Bundeshauptausschusses als „unhaltbar“. 17 Mitglieder dieses Gremiums könnten schwerlich über das Recht der Grünen entscheiden, mit einer eigenen Identität zur Frage der politischen Lösung im Hungerstreik Stellung zu beziehen. Maßstab, was richtig oder falsch in dieser Sache sei, könne „nicht die radikale rhetorische Phrase“ sein. Vielmehr gehe es um eine reale Verbesserung der Haftbedingungen durch „konkreten Druck auf die Justizminister“. Von ihnen werde eine politische Lösung blockiert. Es sei sinnvoll, die Demonstration auf ein möglichst großes und vielschichtiges Teilnehmerspektrum anzulegen.
Die Sprecherin im Bundesvorstand, Verena Krieger, und das Mitglied des Hauptausschusses, Silke Struckmeyer, wiesen die Kritik Antje Vollmers zurück und erklärten, sie gehe völlig an der Realität vorbei. Es sei nicht richtig, daß sich der Bundeshauptausschuß gegen die Beteiligung eines breiten Spektrums an der Kundgebung ausgesprochen habe. In der Sitzung sei mehrfach betont worden, daß der Kreis derer, die sich für eine Beendigung der „Isolationhaft“ einsetzten, verbreitert werden müsse.
Heute wird das Kölner Verwaltungsgericht darüber entscheiden, ob die Demonstration wie geplant in der Bonner City stattfinden kann. Die Polizei will nur eine Kundgebung am abgelegenen rechten Rheinufer zulassen, weil sie Ausschreitungen „gewaltbereiter Gruppierungen des autonomen Spektrums“ aus dem ganzen Bundesgebiet befürchtet. Hiergegen haben die Veranstalter Einspruch eingelegt.
Am Samstag demonstrierten in Lübeck rund 500 Menschen für eine Zusammenlegung der RAF-Häftlinge. Nach Angaben der Polizei gab es keine Zwischenfälle.
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