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Sich sanft erholen

■ Devise im Rahmen der „Ökologischen Stadtgestaltung“: Sanfter Tourismus statt Überfall aufs Ausland

StädterInnen wollen sich im Urlaub von der Stadt erholen. Daß der Ferienort aber Mallorca oder der Schwarzwald sein muß, fanden die beiden ReferentInnen, die am Sonntag abend im Lagerhaus den „sanften Tourismus“ schmackhaft machen wollten, überhaupt nicht. Bei der letzten Veranstaltung in der Reihe „Ökologische Stadtgestaltung“ ging es um der Deutschen liebste Wochen im Jahr: ihren Urlaub. Solange Wohnumfeld und Naherholung den Stadtalltag nicht lebenswerter machen, gibt es einen „Erholungsdruck“. Dieser müsse sein Ventil aber nicht im heuschreckenartigen Überfall auf fremde Länder finden, sondern in einem „sanften Tourismus“, forderten die beiden ReferentInnen.

Unter „Erholungsdruck“ machen heute 65% der Deutschen Urlaub. 56% verreisen mit dem Auto, 49% pauschal, und fast alle zieht es in den Süden: Spanien, Italien und Frankreich ziehen 14 -11 Milliarden Dollar aus den Taschen der Touristenmassen. Das wichtigste an der „Ware Urlaub“ sei die gesunde Luft, gaben die beiden ReferentInnen, Angela Wilhelms und Matthias Timm, die Meinung von 75% der UrlauberInnen wieder. Von diesen verbringt sicherlich nur ein geringer Teil seine fünfte Jahreszeit im Kehdinger Land zwischen Stade, Wischhafen und Hemmoor. Dieses auch den meisten BremerInnen unbekannte Hinterland ist nun Ziel des Konzeptes zum „sozial und umweltverträglichen Tourismus“ der AG Stadt-Land

Ökologie und des BDP Bremen.

Massentourismus gibt es bisher nicht im Kehdinger Land, meist machen hier Familien aus Hamburg, Berlin, NRW und Bremen Ferien auf dem Bauernhof. Bei soweit schon an Natur und Landschaft interessierten TouristInnen konnte bei den von einer Info-Scheune aus angebotenen Veranstaltungen, wie „Keine Angst vor Moordiplom! “ oder „Wildkräuter im Kehdinger Land“ auch mit 5 bis 100 BesucherInnen gerechnet werden.

1989 sollen „Frauen auf dem Land“ und Kehdinger Kultur im Mittelpunkt der 14 Tage lang angebotenen Veranstaltungen stehen. Werbung für ihr neues Programm wollen die beiden ReferentInnen jedoch an diesem Abend nicht machen. „Wir wollen vor allem Leute ansprechen, die 'eh schon ihren Urlaub dort verbringen“, denn der „Sanfte Tourismus“ soll sich „vor allem nach den Bedürfnissen der Leute aus der Region richten , wenn nicht sogar sich ihnen unterordnen.“

Es gehe bei der Veranstaltung heute abend vielmehr um „die arrogante Haltung der BremerInnen zu ihrem Hinterland“ und um Konzepte gegen die Vereinzelung im Massentourismus, so Matthias Timm. Vereinzelt waren an diesem Abend sicher die 20 Zuhörer, die geringste Besucherzahl innerhalb der letzte Woche. „Wenn wir über Massentourismus reden, dann schreckt das die Massen ab“, lächelte Angela Wilhelms schon zu Beginn. chr

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