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Wie kam's bloß zu Günther von Lojewski?

Die Suche nach den Sündenböcken (oder der Sündenziege) für den Sündenfall der Berliner Intendantenwahl ist in vollem Gange  ■  Aus Berlin Petra Dubilski

Kaum ist der Überzeugungsjournalist Günther von Lojewski zum SFB-Intendanten gekürt, fragen sich seine Gegner verdutzt: „Wie konnte das passieren?“ DGB-Chef und Rundfunkrat Michael Pagels beschuldigte die SPD, sich nicht rechtzeitig um einen Intendanten gekümmert zu haben. Besser wußte es die Journalistin und Mitglied in der Medienkommission der SPD in Bonn, Gisela Marx: Die eigentliche Schuld liege bei Lojewskis Konkurrenten, dem SPD-Mitglied Diether Huhn. Ihre Darstellung: Kurz vor der Intendantenwahl am 18. April hatte sich der aussichtsreichste Bewerber auf den Intendantenposten, Günther Struve, ebenfalls SPD-Mitglied, mit Huhn und dem Mitglied der SPD-Medienkommission Detlef Prinz getroffen. Struve soll betont haben, daß er nicht gegen einen Parteigenossen antreten wolle. Huhn habe an seiner Kandidatur festgehalten. Struve hätte immerhin 18 sichere Stimmen im Rundfunkrat gehabt, Huhn dagegen nur 11. Das Argument, daß Struve mit dem Gehalt von 220.000 Mark pro Jahr nicht einverstanden gewesen ist, sei erfunden. Struve selbst bestätigte der taz gegenüber die Äußerungen von Marx. Laut Alice Ströver vom AL-Medienbereich und auch Prinz hat Struve aber eindeutig mehr Gehalt gefordert. Prinz demen tierte das Treffen mit Struve überhaupt.

Auch die SPD-Kultursenatorin Anke Martiny bekam ihr Fett weg. Trotz früher Appelle hätte sie die ganze Angelegenheit ignoriert. Eine Woche vor der Wahl hatte ihr das Rundfunkratsmitglied Klaus Weber ein Schreiben gesandt, in dem er sie an ihre Rechtsaufsicht über den SFB erinnerte. Weber bat sie zu prüfen, ob das Auswahlverfahren der Kandidaten für die Intendanz rechtens sei. Die fünfköpfige Findungskommission unter Leitung der Rundfunkratsvorsitzenden Gabriele Wiechatzek hielt nämlich die Bewerbungsunterlagen unter strengstem Verschluß, obgleich von Rechts wegen der gesamte Rundfunkrat hätte Einsicht nehmen dürfen. Aber lediglich ein Sachbearbeiter der Senatsverwaltung antwortete Weber, daß alles mit rechten Dingen zugehe.

Weber und sein Rundfunkratskollege Ulrich Gerhardt wandten sich schließlich nach der Wahl an Rechtsanwalt Geulen, der per einstweiliger Anordnung das Verfahren anfechten sollte. Doch kaum war dies im Sender ruchbar geworden, wurde am Dienstag abend flugs der Vertrag mit Lojewski unterzeichnet, der juristische Schritt somit hinfällig. Und jetzt haben wir den Schwarzmann.

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