Christdemokraten üben Durchhalteparolen

■ Landesparteitage in Baden-Württemberg, Saarland und Nordrhein-Westfalen beteuern Geschlossenheit in den eigenen Reihen / Ausländerpolitik, Atomkurs und Basispolitik bestimmen inhaltliche Diskussionen / Blüm will bei NRW-Wahlen 1990 gegen Rau antreten

Berlin (ap/dpa/taz) - Bei Landesparteitagen in Nordrhein -Westfalen, dem Saarland und Baden-Württemberg haben am Wochenende die Delegierten der CDU vor allem Willen zur Geschlossenheit in den eigenen Reihen bekundet. Mit markigen Sprüchen wartete in Siegen der wiedergewählte nordrhein -westfälische Landesvorsitzende, Bundesarbeitsminister Norbert Blüm auf. „Stellt euch vor,“ rief Blüm, „Kohl, Geißler, Späth, Albrecht, Wallmann, Waigel, Streibl - sie ziehen alle an einem Strang. Wir werden unwiderstehlich. Dann ist uns niemand gewachsen.“ Blüm wurde mit überraschenden 94,9 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt. Nach monatelangem Zögern erklärte er sich am Samstag zur CDU -Spitzenkandidatur für die Landtagswahlen 1990 gegen den sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Johannes Rau bereit. NRW habe es derzeit mit einer „feigen Regierung zu tun, der der Opportunismus im Blut steckt,“ konstatierte Blüm. So habe die SPD-Regierung ihre Haltung zum Hungerstreik der RAF-Gefangenen geändert, in der Verkehrspolitik gleich mehrere Ansichten zu bieten und wisse auch in der Energiepolitik nicht, was sie wolle.

Die nordrheinwestfälischen Delegierten wandten sich gegen das „voreilige Votum“ der Düsseldorfer SPD-Landesregierung zur sofortigen Stillegung des THTR in Hamm-Uentrop, weil es diese „fortschrittliche Reaktorlinie insgesamt beschädigt“. Dies sei weder aus ökonomischen noch aus forschungs- und sicherheitspolitischen Aspekten zu verantworten, heißt es in der Resolution. Vor der Abstimmung hatte der umweltpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Reinhard Göhner, die Delegierten davor gewarnt, „hier eine Flagge auszurollen, die andere längst eingezogen haben“. Göhner konnte daraufhin in der Resolution wenigstens einige Modifizierungen durchsetzen, die für einen Weiterbetrieb des THTR die unbedingte Bereitschaft der Betreiber zur Voraussetzung machen.

Norbert Blüm hatte sich in seiner Parteitagsrede gegen eine Stillegung des sogenannten „Pannenreaktors“ ausgesprochen: „Ich würde bedauern, wenn der noch vor wenigen Jahren von der sozialdemokratischen Landesregierung bejubelte Hochtemperaturreaktor sofort stillgelegt wird. Der THTR könnte ein Exportschlager für die nordrhein-westfälische Wirtschaft sein.

Auf eine im Leitantrag des Vorstandes festgeschriebene „harte Linie“ in der Ausländerpolitik verständigten sich die Delegierten in Baden-Württemberg. Sie stimmten - gegen das Votum des neuen Bundesinnenministers Schäuble - für die Beibehaltung des generellen Arbeitsverbotes für Asylbewerber und verlangten die pauschale Kürzung der Sozialhilfe für Flüchtlinge. Die Rede Späths gab Beobachtern neuen Anlaß für Spekulationen um dessen Ambitionen, einst Kohl abzulösen. Späths politisches Programm, das am Samstag vorgestellt wurde, habe nur noch wenig landespolitische Gesichtspunkte enthalten, sondern sei auf Bonner Bundespolitik ausgerichtet gewesen, wurde vermerkt. Beim Parteitag Saar sprach sich CDU -Sekretär Geißler erneut gegen jegliche Koalition „auf welcher Ebene auch immer“ mit den Republikanern aus. Der neue Landesvorsitzende der CDU Schleswig-Hostein, Ottfried Hennig, rief in Siegen die Union auf, alles in ihrer Macht stehende zu tun, um weitere rot-grüne Koalitionen nach Berliner Vorbild zu verhindern.