: Mysteriöse Entführung im Libanon
■ Zwei von drei Bundesbürgern nach Verschleppung wieder frei / Sie waren schon 1988 kurz von der Bildfläche verschwunden / Eine Hilfsorganisation mit starken Funkanlagen hinter Stacheldraht
Beirut/Berlin (afp/taz) - Im Südlibanon kam es in der Nacht zum Freitag offenbar zur Entführung zweier Bundesbürger, deren Hintergründe völlig im dunkeln liegen. Wie die „Nasseristische Volksorganisation“ mitteilte, wurden die beiden Deutschen von den bislang unbekannten Kidnappern nach siebenstündiger Geiselhaft auf der Küstenstraße südlich der Stadt auf freien Fuß gesetzt. Ein dritter, dessen Namen mit Markus Quint angegeben wurde, war am Freitag mittag noch in den Händen seiner Entführer.
Bei den beiden Freigelassenen handelt es sich um Heinrich Strübig und Petra Schnitzler von der Katastrophenschutz -Organisation ASME Humanitas, für die auch Quint arbeitet. ASME ist im Palästinenserlager Miyeh-Miyeh tätig. Strübig und Schnitzler waren bereits im April vergangenen Jahres für 48 Stunden entführt worden. Nach Angaben der ASME Humanitas -Zentrale bei Marburg waren die beiden Mitarbeiter damals jedoch nicht verschleppt, sondern nur während eines Gefechts in Schutzhaft genommen worden. Auf die seltsame Duplizität der Ereignisse verwies am Freitag auch der stellvertretende Sprecher des Auswärtigen Amtes in Bonn, Hanns Schumacher. Es sei „ein bißchen merkwürdig“, daß sich ein solcher Vorgang wiederhole.
ASME Humanitas wurde 1976 als Fusion zweier Organisationen gegründet, hat rund 30 zahlende Mitglieder und versteht sich als konservativ-christlich. Im Libanon ist ASME seit zweieinhalb Jahren mit derzeit sechs Mitarbeitern vertreten. Bei einem Besuch von Journalisten Ende 1987 war die Station von ASME nahe Saida von einem zwei Meter hohen Stacheldrahtzaum umgeben und wurde von bewaffneten Palästinensern bewacht. ASME arbeitet mit der Palästinenserorganisation Fatah zusammen, die in Saida in mehrere rivalisierende Flügel zerfallen ist. In der letzten Woche waren, vermutlich im Zuge einer internen Abrechnung, drei Anschläge auf Fatah-Vertreter in Saida verübt worden.
Die Tätigkeit von ASME beschränkt sich nicht auf das Verteilen von Hilfsgütern an Flüchtlinge und medizinische Versorgung. Bei dem erwähnten Besuch standen auf dem Camp -ähnlichen Gelände von ASME zwei starke Funkanlagen, die nach Angaben von Strübig Stationen von Norddeutschland bis Costa Rica erreichen konnten. Laut ASME dienten die Anlagen der Einrichtung eines Funkdienstes, mit dem Situationsberichte über Zypern an die westliche Presse geliefert werden sollten.
Mehrere Personen, die in der Vergangenheit mit ASME zu tun hatten, bezeichneten die Organisation gegenüber der taz als „dubios“. In ihren Reihen gebe es Mitarbeiter, die rechte oder „sehr rechte“ Ansichten vertreten, hieß es.%%
bs
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