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Japan-Autos made in Britain: Die Sonne geht im Westen auf

■ Sprungbrett über den Kanal in die EG / SPD-Abgeordneter für Protektionismus

Berlin/London (taz/dpa) - Gegen die völlige Öffnung des EG -europäischen Automarktes hat sich Karl-Heinz Mihr, Betriebsratsvorsitzender von VW in Kassel und EG -Abgeordneter, ausgesprochen. Im SPD-Pressedienst schreibt Mihr: „Herr Bangemann und Co. werden sich die Frage gefallen lassen müssen, ob sie die bis zur Stunde noch immer unter sozialem Dumping hergestellten Fahrzeuge zum Beispiel in Südkorea ohne Wenn und Aber in Europa zulassen wollen.“ Abzusehen sei eine Verdoppelung der heutigen Absatzzahlen asiatischer Automobilhersteller in Europa bis Mitte der neunziger Jahre.

Tatsächlich wird sich mit der Produktionsaufnahme des neuen Toyota-Werkes im englischen Derby Ende 1992 der Konkurrenzkampf auf dem europäischen Automobilmarkt in einer Weise verschärfen, die diese Branche grundlegend verändern dürfte. Toyota ist der führende japanische Automobilkonzern und nach General Motors und Ford der drittgrößte Hersteller der Welt. Mit dem Binnenmarkt werden die großen japanischen Hersteller - neben Toyota vor allem Nissan, aber auch Honda

-in Westeuropa, dem größten Automobilmarkt der Welt, das zu wiederholen suchen, was ihnen auf dem US-Markt im Gegensatz zu den Europäern gelungen ist: sich mit Produktionswerken vor Ort eine immer größere Scheibe vom Automarkt abzuschneiden.

Toyota errichtet mit einem Investionsaufwand von 700 Millionen Pfund (2,2 Milliarden Mark) ein Werk in Derby, das auf eine Jahreskapazität von 200.000 Pkw ausgelegt ist. Nissan, die Nummer Zwei in Japan, hat in diesen Tagen die Verdoppelung seines englischen Werkes auf 400.000 Pkw bis Ende der neunziger Jahre angekündigt. Nissan weitete die Produktion in Sunderland seit 1986 langsam aus und produziert in diesem Jahr rund 75.000 „Bluebirds“.

Die beschlossene Kapazitätsaufstockung dürfte Nissan nach Rover zum zweitgrößten Autoproduzenten auf der britischen Insel machen - und zum größten Exporteur. Auch Honda dreht auf. Bislang arbeitet dieser Hersteller mit Rover vor allem in der Entwicklung eng zusammen. Von Herbst an laufen jedoch von den Rover-Bändern auch Hondas „Concertos“ - 40.000 im Jahr -, und Honda baut in Südengland ein eigenes Motorenwerk.

Aber nicht nur in Großbritannien werden die Karten neu gemischt. Die Hersteller auf dem Kontinent sehen sich äußerst wettbewerbsstarken Konkurrenten gegenüber, die bald von Europa und nicht mehr als fernöstliche Importeure um die Gunst der Autokäufer kämpfen werden. Wie stark die Japaner sind zeigt sich heute schon in den kleineren europäischen Ländern ohne eigene Autoindustrie. In Irland, der Schweiz, Österreich, Griechenland, Dänemark oder Norwegen liegt der Marktanteil der Japaner zwischen 25 und 45 Prozent, verglichen mit insgesamt nur elf Prozent in Westeuropa beziehungsweise 9,5 Prozent in der EG.

Am spürbarsten dürfte das Vordringen der Japaner in Frankreich, Italien und Spanien sein, die alle die japanischen Importe derzeit drastisch beschränken. In Italien ist Fiat am meisten betroffen: von den Japanern abgeschirmt (nur 3.000 Japanautos dürfen im Jahr importiert werden) beherrscht Fiat den heimischen Markt zu 60 Prozent. Auch Peugeot-Citroen dürfte ebenso wie der Staatskonzern Renault die Japaner fürchten. Im Falle von Nissans „Bluebird“ haben Paris und Rom in diesen Tagen erstmals anerkannt, daß es sich um EG-Fahrzeuge und nicht mehr um Japanimporte handelt.

Die gegenwärtige Vielfalt von Autoherstellern dürfte in den neunziger Jahren und danach wohl kaum aufrecht zu erhalten sein. In Europa gibt es derzeit noch sechs Massenhersteller

-VW, Fiat, Peugeot, Ford, General Motors (Opel, Vauxhall) und Renault sowie Daimler-Benz, BMW, Volvo, Saab, Rover, Jaguar und Porsche. Zu den ersten Opfern des Verdrängungskampfes könnte Rover gehören, die zu klein sind, um als Massenhersteller zu gelten, deren Modelle aber mit dieser Herstellergruppe konkurrieren.

Ob Jaguar auf Dauer seine Unabhängigkeit behalten kann, bleibt fraglich. Gerüchte über ein Zusammenrücken mit VW wurden dementiert. Und einige Hersteller dürften sich angesichts des Wettbewerbsdrucks gezwungen sehen, in billigere Produktionsstandorte - etwa nach Spanien oder Portugal - auszuweichen. VW verfügt mit Seat bereits über eine vergleichsweise günstige zweite Produktionsbasis.

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