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Filmfestival in der Mehrzweckhalle

In Cannes sind die Filmfestspiele eröffnet worden / Jurypräsident ist Wim Wenders  ■  Aus Cannes Thierry Chervel

Der Zaun aus blauen Planken ist verschönt mit großen gemalten Filmplakaten, teils von Klassikern, teils von Filmen, die auf diesem Festival Premiere haben. Über der Baustelleneinfahrt spannt sich ein Torbogen, darauf steht geschrieben: „Cannes, die Hauptstadt der Kinos.“ Dahinter klafft ein Loch wie nach einer Bombenexplosion. Hier stand das Gebäude, auf dem Cannes‘ Ruf als Filmstadt beruht, der helle offene alte Festivalpalast aus den späten vierziger Jahren mit großen Fenstern zur Bucht und Dachterrasse. Das Festival ist endgültig in den neuen Palast, den „bounqere“, umgezogen, der als ein Mehrzweckkongreßzentrum ebensogut Dermatologentagungen beherbergen kann.

Wie zur Entschuldigung hat sich das Festival einen Jurypräsidenten gewählt, der in seinen Filmen wie kein anderer die Geschichte des Kinos reflektiert: den in Frankreich hochverehrten Wim Wenders. Ihm zur Seite sitzen unter anderem Peter Handke, Krzystof Kieslowski und Hector Babenco. Auf die Preisverleihung kann man jetzt schon gespannt sein.

Im Wettbewerb laufen Filme von Bertrand Blier, Ettore Scola, Denys Arcand, Jerry Schatzberg, Bernhard Wicki, Liliana Cavani, Spike Lee, Satyajit Ray. Mit Herzklopfen erwarte ich Jim Jarmuschs ersten Farbfilm Mystery Train. Auffällig ist, daß es im Wettbewerb, anders als auf der Berlinale, keine amerikanischen Großproduktionen gibt.

Offiziell eröffnet wurde das Festival am Mittwoch abend mit der Projektion der wiederhergestellten vierstündigen Originalfassung von David Leans Lawrence von Arabien. Die offizielle Reihe startete mit einem Film, der außer Konkurrenz läuft: New York Stories mit Episoden von Martin Scorsese, Francis Coppola und Woody Allen. In Coppolas Episode geht es um ein sehr reiches Mädchen, das von den Eltern alleingelassen - in einem Luxushotel lebt. „Reiche Kinder werden immer als böse und unerzogen dargestellt“, sagt Coppola, „darum wollte ich zeigen, daß sie auch das genaue Gegenteil sein und teilen können“. Quod erat demonstrandum.

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