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SFB: Alle warten auf „Jewski“

■ Zuerst haben die Richter das Wort / Personalkarussell kommt in Schwung / Geheimabsprache um Nebenbeschäftigung? Jürgen Engert als Fernsehdirektor im Gespräch / Wer möbelt die „Abendschau“ auf?

Man muß keine besonders prophetischen Gaben besitzen, um dem SFB einen heißen Sommer vorauszusagen. Der neu gewählte SFB -Intendant Günther von Lojewski („Die Probleme dieses Senders erfordern mehr als einen ganzen Mann“) berücksichtigt das auch bereits und will nicht, wie geplant, erst im Juli an die Spree kommen, sondern im nächsten Monat.

Bis dahin wird feststehen, was zwei Rundfunkräte durch ihre Klage vor dem Verwaltungsgericht in dieser Woche anschieben werden: die Anfechtung der Wahl. Konkret möchten Klaus Jürgen Weber (Kulturrat) und Uli Gerhard wissen, ob ihre Rechte als Mitglieder im Rundfunkrat vor der Wahl nicht außer Kraft gesetzt wurden. Der Rundfunkrat hatte mit Mehrheit beschlossen, nur die eingesetzte Personal -Findungskommission dürfe in die Bewerberunterlagen für die Intendantenwahl Einblick nehmen. Das Klageverfahren - ein erster Anlauf blieb, weil verspätet, stecken - wird von der juristischen „Notbremse vom Dienst“, Rechtsanwalt Reiner Geulen, geführt.

Ungemach droht dem „Kollegen Intendanten“ noch von anderer Seite. Die Kultursenatorin Anke Martiny (dry) will als Aufsichtsbehörde ihrerseits Einsicht in das mit aller Eile unterzeichnete Vertragswerk nehmen. Dabei scheint es ihr weniger um die 60-Prozent-Pensionsregelung zu gehen, als vielmehr um die, wie die taz zuverlässig erfuhr, Lojewski eingeräumte Erlaubnis zur Nebenbeschäftigung. Von der war bisher überhaupt nicht die Rede, nicht im Rundfunkrat, schon gar nicht während der Anhörung des rührigen Bewerbers. Ein Mitglied des Rundfunkrates über das heimlich-schamhafte Getue zur taz: „Wenn das stimmt und eine solche Nebenbeschäftigungsclausel ohne uns zustande gekommen ist, dann sind wir mehr als an der Nase herumgeführt worden.“ Genauso unklar ist bisher, mit welchem „Personal“ der auf Kollegialität und Konsens Wert legende Lojewski an den Start gehen will.

Als Name des Fernsehdirektors rollt der des betulich langatmig predigenden Contraste-Chefs Jürgen Engert über die Flure, den einige lieber beim Rias sähen - ein müßiger Gedanke. Aus noch contrastreicherer konservativer Ecke kommt der Hörfunk-Politredakteur Eckkart Bethke, ein „Billigkläffer“ (SFB-Hausjargon), dessen morgendliche Radio -Kommentare offenbar auch nicht mehr gegengelesen werden. Andererseits liegt der Gedanke nahe, daß der neue Intendant lieber Personen seines Vertrauens um sich schart, zum Beispiel den Bayernfunker Gerhard Fuchs. Für die Unterhaltung sitzt die 45-Fieber-produzierende Christiane Jonza in den Startlöchern und brütet im verborgenen über elegisch heißes Fernseh-Entertainment.

Schwieriger wird es mit der Person des Talk-showinisten Justus Boenke. Mitarbeiter im Hause bescheinigen dem krutzeligen Gesprächsführer mitunter mangelhafte Menschenführung, aber sein Vorrat an Ideen, seine Portion Unabhängigkeit könnten der flach darniederliegenden Abendschau nur gut tun. Am 17. Mai ist der Weltuntergang, nein, tagt der mächtige Verwaltungsrat des Senders, einen Tagesordnungspunkt Lojewski gibt es nicht. Was aber nicht ist, kann ja noch werden.

bmm

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