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Bayer-Kritiker legen Anträge gegen Konzern vor

■ 27 Seiten gegen Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat auf der Hauptversammlung

Berlin (taz) - Wie eine Anklageschrift wegen Umweltverschmutzung in besonders schwerem Fall in Tateinheit mit fahrlässigem Herbeiführen von Robbensterben und unzulässiger Genmanipulation lesen sich die 27 Seiten voller Gegenanträge zur Jahreshauptversammlung der Bayer-AG. Die Anträge, mit denen man bei der Versammlung am 21.Juni auf Stimmenfang gegen die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat gehen will, wurden gestern von der Vereinigung „Kritische Bayer Aktionäre“ in Bonn der Presse vorgelegt, bevor diese sich nach Leverkusen aufmachte, um sie der Geschäftsleitung persönlich zu übergeben.

Insbesondere die Produktion von Chlor haben die Chemie -Kritiker in den Begründungen zu ihren Anträgen aufs Korn genommen: “...der Ausgangspunkt einer Produktionslinie, die weitreichende Gefahren für die Umwelt und Menschen in sich birgt.“ Gesundheitsschäden, der Verdacht auf Krebserregung, Erbgutschädigung, Gefährdung durch extrem giftige Dioxine im Störfall, all das bringe die Chlorproduktion mit sich. Der mit 800.000 Jahrestonnen größte bundesdeutsche Chlorproduzent wird daher von den umweltbewußten Aktionären aufgefordert, einen „Plan für den Ausstieg aus der Chlorchemie zu erstellen“, wobei eng definierte Ausnahmebereiche noch zugelassen sein könnten. Darüber hinaus sollten in einer „Chlorbilanz“ die Stoffströme bei der Produkion exakt aufgezeigt werden.

Das Pestizid-Aktions-Netzwerk wirft in seiner Antragsbegründung dem Chemiekonzern vor, gegen den Pestizidverhaltenskodex der UN-Landwirtschaftsorganisation FAO zu verstoßen, zu dessen Einhaltung die Bayer-Werke sich verpflichtet hätten. In dem Kodex werde die Industrie aufgefordert, „den Verkauf einzustellen und die Produkte zurückzunehmen, wenn eine sichere Anwendung nicht möglich ist“. Nichtsdestotrotz biete Bayer in Brasilien Pestizide an, die von der Weltgesundheitsorganisation WHO als „extrem gefährlich“ eingestuft werden. Auch in diesem Zusammenhang haben die Kritischen Aktionäre ihr Rederecht auf der Hauptversammlung unter anderem an den Alternativen Nobelpreisträger Jose Lutzenberger aus Brasilien delegiert.

Weiterhin soll am 21. Juni ein spanischer Wasserwerksbesitzer auf die Verseuchung seines Wassers durch Bayer-Chemikalien hinweisen, von den Grünen und Jusos sind ebenfalls Vorträge zu erwarten. Was den spanischen „Olivenölskandal“ angeht, so halten die Kritischen Aktionäre „ihrem“ Konzern vor, es sei immer noch unklar, ob nicht Bayer-Produkte für die tödlichen Vergiftungen gesorgt hätten.

ulk

Kontaktadresse: „Kritische Bayer-Akionäre“ c/o A. Schmottlach, Hofstr.27a, 5650 Solingen

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