Peking-Gipfel ruft zur Versöhnung

■ UdSSR und China wollen ein bündnisfreies und friedliches Kambodscha / Sie befürworten eine Vierparteien-Koalitionsregierung / Sie verzichten auf Hegemonialansprüche

Vom Licht am Ende des Tunnels der langjährigen Kambodscha -Tragödie, war in den letzten Wochen oft die Rede. Die große Erleuchtung, auf die das chinesisch-sowjetische Gipfeltreffen hoffen ließ, blieb aus. Trotz inniglichem Shakehands und der damit angesagten Normalisierung der politischen Beziehungen zwischen den sozialistischen Nachbarstaaten, es gibt in der Kambodscha-Frage nach wie vor Dissens. Im Abschlußkommunique des Pekinger Gipfeltreffens versicherten China und die UdSSR, daß keiner von ihnen in irgendeiner Form im asiatisch-pazifischen Raum oder in anderen Teilen der Welt Hegemonie anstrebe. Das künftige Kambodscha soll ein bündnisfreier, friedlicher und neutraler Staat werden, so die gemeinsame Vision von der nationalen Versöhnung aller vier Konfliktparteien. Nur über das Wie besteht noch Unklarheit.

Die chinesische Seite befürwortet die Gründung einer provisorischen Vierparteien-Koalitionsregierung in Kambodscha, die von Prinz Sihanouk während der Übergangszeit nach dem vollständigen vietnamesischen Truppenabzug bis zur Durchführung allgemeiner Wahlen geführt werden soll. Die sowjetische Seite befürwortet eine Regelung der inneren Angelegenheiten Kamboschas durch die Kamboschaner selbst, einschließlich der Vorbereitung allgemeiner Wahlen unter internationaler Aufsicht. Beteuert wurde, daß mit dem für September angekündigten Abzug der vietnamesischen Truppen aus Kamboscha die beteiligten Länder allmählich ihre gesamte Militärhilfe an die jeweiligen Konfliktparteien reduzieren und letztlich einstellen sollten.

Anfang Mai gaben der provietnamesische Ministerpräsident Phnom Penhs, Hun Sen, und Prinz Norodom Sihanouk dem innerkambodschanischen Friedensprozeß neuen Schwung. Nach drei gescheiterten Gesprächsrunden in Paris sprach Sihanouk diesmal in Jakarta begeistert von einem „enormen Fortschritt“. Hun Sen reduzierte seine Bewertung auf einen „recht großen Fortschritt“, während der dritte Mann am Verhandlungsort, der antikommunistische kambodschanische Ex -Regierungschef und jetzige Chef der rechts -nationalistischen Khmer People's National Liberation Front (KPNLF), Son Sann, betont sachlich übereinstimmende Punkte konstatierte. Den Friedensgesprächen ferngeblieben waren die Roten Khmer, die gefürchtete militärisch stärkste Wiederstandsfraktion, der unter Pol Pots berüchtigter Schreckensherrschaft Hunderttausende zum Opfer fielen.

In Jakarta gab Sihanouk erstmals deutlich zu verstehen, daß er sich in Kamboscha künftig eine Mehrparteienregierung auch ohne die in erster Linie von China unterstützten Roten Khmer vorstellen könne. Avancen hatte auch Hun Sen gemacht: Er bietet die Rückkehr zum vorvietnamesischen Staatsnamen Kamboscha, der Zusatz „Volksrepublik“ wurde fallen gelassen, der Buddhismus wurde zur Staatsreligion erklärt und schließlich die deutliche Einladung an Sihanouk dem Land unter veränderter Flagge zu präsidieren. Die nichtkommunistischen Staaten in Südostasien, insbesondere der Bund der ASEAN-Staaten, die auf die Rückkehr der Flüchtlinge hoffen, die USA und andere westliche Länder setzen auf die Rückkehr Sihanouks als Staatsoberhaupt.

Hun Sen setzt mit Sihanouk als politischer Galionsfigur eines unabhängigen Kamboscha nicht zuletzt auf westliche Aufbauhilfe und Anerkennung des bisher vom Westen isolierten Landes. Einig ist man sich zwischen Washington Hanoi und Phnom Penh, daß den Roten Khmer eine Rückkehr als politisch dominierende Kraft nach Phnom Penh verbaut werden soll. Wenn Vietnam seinen Truppenabzug wahr gemacht haben sollte, dürfte sich auch China mit diesem Ausblick anfreunden. Jetzt sind alle Augen auf die für Ende Juli in Paris angesetzte Kamboscha-Konferenz gerichtet. Dort sollen die Kräfteverhältnisse nach dem vietnamesischen Truppenabzug festgeschrieben werden.

sl