„Kann nicht Recht sein“

■ Verteidigerin zum Geschlechterbild von Juristen

taz: Dürfen Väter ihre Kinder bei uns ungestraft verhungern lassen, während Mütter auf die Anklagebank müssen?

Jutta Bahr-Jendges: Das sieht jedenfalls nach außen so aus. Ursprünglich lief gegen beide Eltern von Katja ein Ermittlungsverfahren der Kripo wegen unterlassener Hilfeleistung. Urplötzlich beantragte die Staatsanwaltschaft dann Ende 86 einen Haftbefehl gegen die Mutter, und zwar wegen Mordes. Für den Vater galt da schon: Der hat mit den Kindern nichts zu tun. Anfang 88 änderte die Staatsanwaltschaft ihre Auffassung: Sie klagte die Mutter wegen vorsätzlicher Tötung an, stellte aber das Verfahren gegen den Vater ein.

Der Vater hat sich heute auf den Standpunkt gestellt: Ich kümmere mich ums Geld und meine Hunde. Für die Kinder ist meine Frau zuständig. Gelten diese Rollenklischees auch noch in den Gerichten?

Offensichtlich gelten sie für die Staatsanwaltschaft. Für sie hat der Vater sich nie um dieKinder gekümmert, kann folglich auch nicht für den Tod der jüngsten Tochter verantwortlich sein.

Männer müssen also bloß bei der Geburt des ersten Kindes größtmögliche Gleichgültigkeit demonstrieren...

Ich habe damals auch gesagt, das kann nicht wahr und kann nicht Recht sein und habe deshalb beantragt, dann bitteschön auch das Verfahren gegen die Mutter einzustellen. Auf Intervention der Generalstaatsanwaltschaft ist daraufhin die jetzige Anklage zustandegekommen. Auch darin wird aber immer noch unterschieden. In der Justiz ist das seit Jahrzehnten so gehandhabt worden: Die Mütter hatten alle Pflichten, die Väter wurden freigesprochen.

Ziel Ihrer Verteidigung?

Gleichbehandlung für beide.

Fragen: K.S.U-Satz:!!!!