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TOMATEN AUF DIE LINSE

■ Zwei Fotoausstellungen im SFB

Es waren einmal drei in Gold gefaßte optische Linsen, die trübten sich am vergangenen Mittwoch abend anläßlich ihrer Verleihung und hätten am liebsten zerspringen mögen. Denn das hatten sie nach 150 Jahren Fotografie nicht erwartet: Einen schnöden Wechselrahmen für den Foto-Festakt hatten ihnen die Rundfunkhäusler von der Masurenallee bereitet. Da sollten die drei Linsen forschende Fotochemiker sowie eine herausragende Pressefotografin nach Kräften ehren. Und konnten doch nur denken: Das kommt davon, wenn man Hörfunker optikern läßt. Und die anwesenden Herren von der „Deutschen Gesellschaft für Photographie“ nickten nur dazu und sahen sich erschrocken um.

Mit gleich zwei Fotoausstellungen hatten die gastgebenden SFBler die Foto-Funktionäre umstellt. Eine davon schon leicht eingestaubt mit braunen Flecken, die andere nichtssagend und amateurhaft. Da half kein Fielmann viel, und alle Kameraraden erlitten heftige Verschlußkrämpfe. Salomon Dr. Erich, lang verschossener Preisnamensgeber, blitzte grollend aus dem Himmel.

„Augenblicke aus dem Leben eines Fotoreporters“ nannte sich die eine Ausstellung und stand angestrahlt im Fernsehhochhaus-Foyer. Einen Querschnitt aus 50 Jahre langem Schaffen des deutschen Fotografen Hilmar Pabel in Schwarz -weiß und Bunt. Schon mal gezeigt das Ganze vor fünf Jahren zum 75. von Pabel, jetzt zum 150. des Fotos recyclet. Und doch fehlte wieder was. Zwischen all den Heimkehrerbildchen, den Erhards und den Adenauers privat, den Bildern aus Korea und Vietnam nicht dabei: die kleine, feine Hetzreportage von 1940 aus dem Lubliner Judenghetto. Amnesia tertii imperii. Mut zur Lücke.

Die zweite Ausstellung: „Aspekte der Geschichte und der Photographie von Rundfunk und Fernsehen seit 1945“ im Rundfunkhaus. Fotos von Null bis heute einsam ohne Bildunterschriften aufgepappt, aber dafür die Copyrights ganz groß. Brave Archivarbeit. Bebilderte Blockadehistörchen, Besatzerdramen, Ruinen, rote Fahnen, Rosinenbomber - alles schon mal gesehen. Die Vorgeschichte vom großdeutschen Propagandaradio und Nazifernseh -Pioniertaten von vornherein ausgespart. Einziges witziges Bild: der Nierenschreibtisch des Nachrichtensprechers aus der Prä-'Abendschau'-Zeit. Dann noch Bilder von Hörfunk- und TV-Produktionen. Kreatives Spannungspathos. Leider wieder keine Erklärung, welcher Schauspieler da was macht.

Von Blindschleichen für Blindschleichen. Es waren einmal drei goldgefaßte optische Linsen, die wünschten sich lindernde Tomaten.

Kotte

Pabel-Ausstellung noch bis zum 31.Mai, Rundfunk-Foto -Ausstellung noch bis zum 28.Mai. Masurenallee 8-14, 1-19.

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