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Fürstentümer an der Basis

■ IG Metall: Vergangenheitsbewältigung fällt schwer

Eigentlich sind sich von der Frankfurter Vorstandszentrale bis hinunter zur Stuttgarter Ortsverwaltung in der IG Metall alle einig, daß die „Plakat„-Gruppe in die Gewerkschaft hineingehört, ihre ausgeschlossenen Mitglieder wieder aufgenommen werden sollten. Dennoch kommen die Schwierigkeiten bei der Reintegration der bundesweit bekanntesten oppositionellen Betriebsgruppe nicht unerwartet. Denn schließlich können der derzeitige Daimler -Betriebsratsvorsitzende Funk und seine Mannen ihres Postens nicht mehr sicher sein, wenn die glaubwürdigeren Positionen der „Plakat„-Gruppe in Zukunft innerhalb der IG Metall formuliert werden können. Wer holt sich schon gern die Konkurrenz ins Haus?

Daß die führenden Betriebsratsfunktionäre derart massiven Widerstand gegen eine an sich längst überfällige Entscheidung ihrer Gewerkschaft leisten können, widerlegt die oft geübte Kritik am zentralistischen Gewerkschaftsapparat, der seine Interessen rücksichtslos der Mitgliederbasis aufdrückt. Der demokratische Aufbau der Gewerkschaft, der den Ortsverwaltungen eine nicht unbeträchtliche organisationspolitische Eigenständigkeit gibt, kann sich auch dann als sperrig erweisen, wenn es eine undemokratische Entscheidung der Vergangenheit zu korrigieren gilt.

Eine derart widersprüchliche Interessenkonstellation gibt es durchaus nicht nur in Stuttgart. Kürzlich haben auch die führenden IGM-Funktionäre im Betriebsrat von Opel/Bochum ihren Einfluß in der Bochumer Verwaltungsstelle genutzt, um die Wiederaufnahme oppositioneller Betriebsräte zu verhindern. Die Gewerkschaft stößt mit ihrer seit dem Zukunftskongreß im vergangenen Herbst proklamierten Politik der Demokratisierung und Offenheit auf einen konservativen Block mit eigener, vom IG-Metall-Apparat weitgehend unabhängiger Machtbasis: die Betriebsratsfürstentümer der Großbetriebe. Die machen nicht nur in diesem Fall ihre eigene Politik.

Martin Kempe

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