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Hühnchen anbraten

■ Eine Prostituierte beschreibt, wie Luden an ihre Frauen kommen

Frauen sind oft einsam. Weil sie keine Männer haben oder gerade, weil sie Männer haben. Dann spannt der Lude

die aus. Erst hält er sie aus: „Ich bezahl‘ das Essen, ich bezahl‘ hier, ich bezahl‘ da. Und hier ist die Schulter, da kannst du dich ausruhen.“ Und dann werden langsam Forderungen gestellt: „Ich möchte es ja nicht gerne tun. Aber, paß mal auf, ich brauche unbedingt das und das. Einen neuen Anzug von Cerrutti zum Beispiel. Und wenn ich das nicht habe, bin ich Dreck. Du möchtest doch nicht, daß ich Dreck bin?“ Der beste Weg, jemanden dazu zu bringen, etwas für dich zu tun, ist, ihm zu sagen: „Du schaffst es nicht, aber ich hab‘ dich trotzdem lieb.“ Dann kriegt sie doch Ehrgeiz: „Er liebt mich. Von wegen, ich schaff das nicht! Ich schaff das für ihn.“

Dann ist das Hühnchen gebraten, und der ist schon am Essen. Irgendwann ist sie abgelaufen. Dann versucht er sie abzuschieben. Immer noch liebhaben. Am besten zur zweiten oder dritten Frau machen. Da gibt es Kategorien: Ein Zuhälter ist eigentlich eine männliche Nutte. Er bumst mit einer Frau, und die gibt ihm dafür ihre Kohle. Aber die Kohle reicht ihm nicht. Er sagt: „Engelchen, paß auf. Wir müssen das jetzt anders machen. Die Kohle reicht nicht. Weil du es ja so schwer hast, und ich will dich ja entlasten, schaffe ich mir noch eine Frau an. Aber die liebe ich nicht. Die nutze ich nur aus.“ Und der neuen Frau erzählt er die gleichen Sprüche: „Die kann ich ja jetzt nicht einfach abschieben. Die liebt mich doch. Das mußt du doch einsehen. Die würd‘ sich von der Brücke stürzen.“

So hat er schon zwei Frauen. „Und diesen Sommer fahren wir zusammen in Urlaub.“ Der fährt dreimal im Jahr oder viermal in Urlaub. Mit jeder Frau. Und sei dir ganz sicher: Wenn er wiederkommt, haben seine Weiber das ganze Geld gehortet, nur um ihm zu zeigen: „Guck mal, wie sehr ich dich liebe. Ich habe 5.000 Mark gebunkert in zwei Wochen.“ Dann kriegen sie einen Bonus. Dann werden sie zweimal die Nacht gebumst. Und 5.000 ist wenig. Ich war ja eine Weile mit solchen Frauen zusammen. Wie die reden (vornehm gespreizt): „Also, ich muß meinem Alten jetzt erst mal ein neues Auto kaufen. Der kann mit seinem alten 450er unmöglich unter die Leute gehen! Das geht nicht!“

Fotos: Christoph Busch

O-Ton: Sigrid Weiß

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