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„El Cimarron“ Postpolitisch

■ Henze-Rezital kopfunter

Überdruß und Sättigung kennzeichnen die ausgehenden Achtziger. Wer will denn noch das Kursieren der Figuren des Politischen und der Weltanschauungen ertragen? Inflationäre Ausbreitung vergleichgültigt ihre Inhalte, die omnipräsente Ausstreuung läßt Qualitäten und sie selbst langsam verdunsten.

Im Zweifelsfall wird nachgeholfen. So geschehen im Fall von Henzes Komposition „El Cimarron“. Bar jeden Engagements läßt der Sänger mit spitzen Fingern die Sklavenkette auf den Boden plumpsen, als sei es nasse Wäsche. Nur die eigene Person in Szene setzend, wird sein Part zum gekünstelten Vortragsklamauk. Die Musiker (mit Ausnahme des Schlagzeugers) gehemmt, behä

big und gelangweilt (der Gitarrist!), leisten ihr wenig ausgehörtes Beiwerk brav ab.

Und trotz dieser gewollt postpolitischen „Interpretation“ schlich sich entlarvend Ideologisches hinterhältig ein: die Zugabe. Wie einem Potpourri entnommen, wiederholten sie die beifallsträchtigste, rhythmisch und melodisch eingängigste „Nummer“. Diese Wahl, mit dem „frauenfeindlichsten“ Text, denunzierte endgültig die Gesinnung der Ausführenden.

Kurzerhand wurde noch die angekündigte Diskussion abgesagt, weil es doch einfach „super“ war. „El Cimarron“ auf den Kopf gestellt. Frenetischer Applaus. Wir haben diese ganze Politik so satt, satt, satt. H. Schmid

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