: DGB auf der Suche nach einem neuen Chef
■ Heinz Möller will nicht mehr / Kein Nachfolger in Sicht / Eine „Findungskommission“ erwägt, die Stelle auszuschreibung
Natürlich wollte es keiner gewesen sein. Als am Montag im Bremer DGB-Kreisvorstand nach Schuldigen gesucht wurde, dementierten alle anwesenden Vorstandsmitglieder heftig. Gegenüber dem Weser-Kurier wollte niemand Kritik an der Amtsführung von DGB-Chef Heinz Möller durchblicken lassen haben. Im Gegenteil: Auch die besonders „verdächtigen“ Vorstandsvertreter der kleineren Gewerkschaften insbesondere aus ihren Reihen wollte der WK Klagen über Möllers Stil vernommen haben - überschlugen sich geradezu im Lob für ihren DGB-Chef. An dessen Entschluß änderte das einhellige Schulterklopfen jedoch nichts mehr. Möller gab in der Sitzung erstmals offiziell bekannt, was in Gewerkschaftskreisen schon lange kein Geheimnis mehr ist: Bremens oberster Gewerkschafter hat keine Lust mehr. Wenn die DGB-Kreisdelegierten im Herbst einen neuen Vorsitzenden wählen, müssen sie sich einen anderen suchen.
Was Bremens DGB-Chef nach fünfjähriger Amtszeit zu diesem Schritt bewogen hat, wurde in der Sitzung ausdrücklich nicht diskutiert. „Der Vorstand akzeptierte die persönliche Entscheidung des Kollegen Möller“, hieß es anschließend in einer lakonischen Erklärung. Einstimmig begrüßte der DGB -Vorstand dafür Möllers
private Zukunftspläne. Auch das verriet er den DGB -Vorstandskollegen erstmals offiziell. Vom Sessel des Bremer DGB-Chefs will Möller auf den des Geschäftsführers der Arbeiterkammer rutschen. „Eine spannende Aufgabe. Die beiden Arbeitnehmerkammern werden in Zukunft eine immer wichtigere gesellschaftliche Aufgabe bekommen“, bekannte er gestern gegenüber der taz.
Ein Nachfolger für den spätestens am 31. Dezember freiwerdenen Posten (Möller: „Wenn mein Nachfolger das Amt früher antreten will, gehe ich auch vorher.“) ist bislang nicht in Sicht. Suchen und im Herbst den DGB-Delegierten vorschlagen soll ihn jetzt eine „Findungskommission“. Prominenteste Mitglieder der sechsköpfigen Kommission sind mit Heinz Meinking (IG Metall) und Gisela Hülsbergen (ÖTV) die Vorsitzenden der beiden größten Bremer Einzelgewerkschaften. Möller selbst verzichtete bewußt auf Sitz und Stimme bei der Auswahl seines seines Nachfolgers.
Was die Kommission eigentlich leisten soll, ist ihr bislang selbst noch nicht ganz klar. Die ÖTV-Vorsitzende Gisela Hülsbergen kann sich ihre Aufgabe jedenfalls nicht so vorstellen, „daß wir einzelne Kandidaten weichkneten“. Mögliches Ergebnis der
„Findungskommission“ stattdessen: Eine Stellenanzeige in gewerkschaftsnahen oder -eigenen Zeitschriften: „DGB -Kreisvorsitzender gesucht, Bewerbungen an...“ Gisela Hülsbergen: „Wahrscheinlich wird die Kommission sich zunächst ganz formal um die Erarbeitung eines Katalogs von Qualifikationskriterien kümmern. Anschließend werden wir die Stelle möglicherweise ausschreiben.“
Durchaus möglich ist damit, daß ein Buten-Bremer nächster Bremer DGB-Vorsitzender wird. Für eine externe Lösung spricht auch noch ein weiterer Umstand: Mit einer großangelegten Kreisstruktrur-Reform will der DGB
im nächsten Jahr bundesweit Kreisverbände auflösen, um Geld und Stellen zu sparen. Deren jeweilige Kreisvorsitzende wären damit überflüssig. Arbeitslos soll durch die Reform allerdings auch kein DGB-Funktionär werden. Entsprechend groß könnte die Versuchung für die DGB-Führung sein, einen ihrer „überschüssigen“ Kreisvorsitzenden nach Bremen zu schicken. In Bremer DGB-Kreisen wird bereits jetzt gewitzelt: „Ab 1990 wird der Bremer DGB-Vorsitz zum Versorgungsposten abgehalfterter Gewerkschaftsfunktionäre.“
Auch gestern mochte keiner seiner gegenwärtigen Vorstands -Kollegen über Hintergründe der
Lustlosigkeit Heinz Möllers spekulieren, dem Bremer DGB noch weitere vier Jahre vorzustehen und den Posten dadurch für „Externe“ zu blockieren. Kein Blatt vor den Mund nahm dafür einer von Möllers Vorgängern, Bremens ehemaliger DGB-und SPD -Gewaltiger Richard Bolljahn: „Mit dem DGB-Vorsitz ist es wie mit jedem Job. Er ist nur so gut wie sein Inhaber. Ein DGB-Vorsitzender muß den Mumm haben, sich in Politik einzumischen. Das hat Heinz Möller immer abgelehnt. Der DGB braucht Führungspersönlichkeiten. Heinz Möller ist ein Typ, der's lieber beamtenhaft hat: ruhig, sicher und finanziell attraktiv.“
K.S.
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