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Rosa Aktien-Brille

 ■  McCASH FLOWS ORAKEL

An der Börse ist alles möglich, sogar was logisch erscheint

-und logisch erschien in den Vorwochen die Aktienflaute am bundesdeutschen Markt. Die US-Währung marschierte über die Zwei-Mark-Grenze, zur Stützung der DM-Schwäche wurde eine Erhöhung des Diskontsatzes erwartet, und der Aktienmarkt reagierte auf die Aussicht steigender Zinsen mit Flaute. Mittlerweile haben sich diese fundamentalen Trends kaum geändert, doch die Stimmung ist umgeschlagen: Die Aktien zogen kräftig an, obwohl die Aussicht, daß die Bundesbank am Donnerstag den Leitzins erhöht, keinesfalls geschwunden ist. Und spätestens dann könnten die bundesdeutschen Währungshüter nicht umhin, ihre Mark durch höhere Zinsen attraktiver machen. Wie kommt es, daß die Aktienhändler trotzdem zwar nicht euphorisch, aber derzeit doch ganz optimistisch sind? Man hat die Kehrseite der (Dollar -)Medaille entdeckt. Während lange Zeit der Anstieg der US -Währung vor dem Hntergrund teurerer Rohstoff-, vor allem Öl -Importe und damit steigender Energie- und Lebenshaltungskosten mit Argusaugen beobachtet wurde, kommen mittlerweile die positiven Seiten dieser Entwicklung wieder in den Blick, sprich: die rosigen Aussichten der deutschen Exportindustrie, deren Gewinne mit jedem Cent hinter dem Komma klettern. Und durch diese rosa Brille betrachtet, scheinen auch plötzlich die traumhaften Geschäftsentwicklungen der Großkonzerne, deren schillernden Bilanzen in diesem Jahr bisher nahezu verpufften, plötzlich wieder interessant. Vor allem für die lange ersehnten ausländischen Anleger, die sich in diesen Tagen mit Kaufaufträgen für deutsche Blue Chips zurückgemeldet haben: Nach Angaben von Marktteilnehmern sehen sie in deutschen Aktien nicht nur nach wie vor solide Anlagewerte, sondern hoffen, auch noch ein Währungs-Schnäppchen zu machen. Man rechnet damit, daß der Dollar langsam am Ende der Fahnenstange angekommen ist, und sich der Patient DM alsbald wieder erholt.

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