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„Wumms, durchgefallen

■ Jurarepetitorien - ein Erfahrungsbericht

„Zu diesem Kursbeginn leider keine Neuanmeldung mehr, wir sind schon überfüllt.“ - Wird man/frau mit diesem Hinweis bei der Anmeldung zu einem Repetitorium abgewiesen, muß er/sie es in einem der vielen anderen juristischen Privatinstitute Berlin probieren. Verteilt auf Segelflugschulen, Kirchenkeller oder Versammlungshallen wird juristischer Nachhilfeunterricht angeboten, der auf das Staatsexamen vorbereiten sollFür den Unterricht beschäftigen die Repetitorien Lehrer mit unterschiedlicher Ausbildung, frühere RichterInnen, AnwältInnen oder Menschen, die nur irgendwann einmal ihre erstes Staatsexamen gemacht haben. Entscheidend ist sowieso nicht die Ausbildung, sondern das didaktische „Talent“. Mit „Hochschauen Leute, das ist doch eine interessante Frage“, beginnt das Einheizprogramm. Wer immer noch nach unten sieht, wird durch ein heftiges Klopfen auf den Tisch geweckt. Es herrscht eine wesentlich gespanntere Atmosphäre als in der Uni. Während sich dort die Vorlesung monologartig ergießt, verlaufen die Reps wie eine Art Quizsendung. Zu gewinnen gibts ein „Gut, der Mann“, falsche Antworten werden mit „Wumms, durchgefallen, null Punkte“ bedacht. Psychischer Druck wird als Lernmotivation hingenommen und gegen die vorherrschende Frauenfeindlichkeit begehrt frau nur am Anfang noch auf. Gesteigertes Tempo läßt eine/n überhören, daß von „Notzucht“ statt von „Vergewaltigung“ gesprochen wird oder die Fälle durch „Fräulein F., die mal wieder zur Schönheitsfarm muß“, eingeleitet werden.

Um das Staatsexamen zu bestehen, scheinen die Repetitorien einfach erforderlich, auf einmal ist es relevant, Klausuren zu lösen, die späteren Richterfällen gleichen und auf die die Uniausbildung nur ungenügend vorbereitet hat. Die Universität mit ihrem wissenschaftlichen Anspruch legt ihren Ausbildungsschwerpunkt auf eine theoretische Auseinandersetzung mit den verschiedenen juristischen Gebieten. Klausursystematik spielt eine untergeordnete Rolle. In dieses Auseinanderfallen von Hochschulstudium und externer staatlicher Prüfung springen die Repetitorien. In ihnen wird dann das examensrelevanten „Fallösen“ eingepaukt, immer orientiert an der herrschenden Lehre und Rechtssprechung. Daß die Rechtsprechung bei zwei möglichen Fallösungen meistens die für den Angeklagten ungünstigere wählt oder unbestimmte Rechtsbegriffe wie zum Beispiel den der Gewaltfreiheit derart auslegt, daß friedliche Blockaden als Nötigung bestraft werden können, macht die Einseitigkeit dieser Art von Examensvorbereitung klar.

Jeanne Faust

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