: Rechtsextreme DVU-Propaganda tonnenweise
In einer Postwurfsendung zur Europawahl mit einer Auflage von rund 27 Millionen Exemplaren verbreitet die DVU ausländerfeindliche Hetze / Postministerium sieht „keine rechtliche Handhabe“ gegen die Zustellung des Pamphlets / Postgewerkschaft protestiert ■ Von Maria Kniesburges
Berlin (taz) - Trotz massiver Proteste der „Deutschen Postgewerkschaft“ (DPG) und des DGB müssen BriefträgerInnen in diesen Tagen erneut tonnenweise rechtsextremes und ausländerfeindliches Propagandamaterial in die bundesdeutschen Haushalte befördern. Mit einer Wurfsendung von rund 27 Millionen Flugblättern will die rechtsextreme „Deutsche Volksunion“ (DVU) um Volkes Stimme für die Europawahl am 18. Juni werben.
Auf vier Seiten breitet die Partei des Herausgebers der 'Deutschen National-Zeitung‘, Gerhard Frey, auf deren „Liste D“ zur Europawahl auch NPD-Chef Mußgnug kandidiert, rechtsradikale Hetze gegen Ausländer und insbesondere gegen Asylbewerber aus. Unter der Überschrift „Scheinasylanten ausweisen“ wird auf dem Flugblatt Stimmung in übelster Stammtisch-Manier gemacht: „Scheinasylanten kassieren ab, Deutsche müssen zahlen. Und es wird immer schlimmer. Deutsche finden keine Wohnung, Scheinasylanten bekommen Sozialwohnungen“, heißt es da. Und weiter: „Das Sozialamt zahlt alles für sie. Tausende Scheinasylanten leben in teuren Hotels.“ Und genauso wie in dem Pamphlet mit der Frey -Parole „In Deutschland sollen nur die Deutschen bestimmen“ gegen das Ausländerwahlrecht demagogisiert wird, führt die DVU ihre nationalistische Ideologie gegen die EG zu Felde: „Die EG bringt uns noch mehr Ausländer. Fallen die Grenzen ganz weg, kommen Millionen Fremde. Mit dabei: Tausende Verbrecher.“
Für die Verbreitung einer derartigen Hetzschrift wollten sich die gewerkschaftlich organisierten BriefträgerInnen, die im Januar schon einmal gegen ihren heftigen Protest zur Auslieferung einer DVU-Postsendung verdonnert worden waren, auch diesmal nicht mißbrauchen lassen. Per Protestschreiben an das Bundespostministerium versuchte die Postgewerkschaft, die Auslieferung der rechtsradikalen Postsendung zu verhindern. Ohne Erfolg. Das Postministerium beruft sich auf ein Rechtsgutachten, in dem es zu der umstrittenen Sendung heißt: „Es bleibt daher festzuhalten, daß die Wurfsendung der DVU inhaltlich keine strafrechtlich oder presserechtlich untersagungsfähigen Inhalte aufweist, da die Darstellung in der Wurfsendung zwar hart an der Grenze des rechtlich Zulässigen heranreicht, diese jedoch nicht überschreitet.“ Damit, so argumentiert das Ministerium, sei die Bundespost zur Auslieferung der rechtsextremen Wurfsendung verpflichtet. Auf um Seriosität heischende Zusätze wie „persönlich durch ihren Briefträger“ hatte die DVU geschickterweise diesmal verzichtet, da dafür die eigens geänderten Postbestimmungen eine formale Handhabe geboten hätten.
Wegen der Haltung der Schwarz-Schilling-Behörde, die auf die fehlende juristische Handhabe gegen die Sendung verweist, hatte sich die Postgewerkschaft bereits im Februar dieses Jahres schriftlich auch an die Fraktionen im Bundestag gewandt. Stichwort des Schreibens: „Ausländerfeindliche Postwurfsendungen. Hier: Politisches Tätigwerden des Deutschen Bundestages.“ Ebenso wie den Postminister ging die Postgewerkschaft den Bundestag mit der Forderung an, „für eine klarstellende Änderung des §13 der Postordnung zu sorgen, um Sendungen von der Postbeförderung auszuschließen, die gegen den Grundsatz der Völkerverständigung verstoßen“. Bislang sind nach der Postordnung solche Sendungen von der Beförderung ausgeschlossen, die gegen „die Sittlichkeit und das öffentliche Wohl“ verstoßen.
„An dieser Forderung auf Änderung der Postordnung“, so DPG -Sprecher Rudi Vetter, „halten wir natürlich fest. Aber wir werden gleichzeitig auch unseren politischen Protest gegen diesen Mißbrauch der Postbeamten durch Rechtsradikale demonstrieren.“ So ruft die DPG in diesen Tagen die Kolleginnen und Kollegen im Zustelldienst dazu auf, „sich an gewerkschaftlichen Aktionen gegen Ausländerhetze zu beteiligen“. Auch sollen „öffentliche Sammelstellen“ in Form großer Müllcontainer eingerichtet werden, in die die DVU -Hetzschrift eingeworfen werden kann. Sollte es solche Sammelstellen vor Ort nicht geben, so rät die DPG, die Postsendung entweder zu verweigern oder „einfach wieder in die Briefkästen einzuwerfen. Auch im Wissen, daß die verweigerten Wurfsendungen nicht an den Absender zurückgehen, wäre dies eine politische Willensbekundung der Empfänger.“
Den BriefträgerInnen rät die Gewerkschaft, kollektiv ihre Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Wurfsendung geltend zu machen, „und den unmittelbaren Dienstvorgesetzten zu bitten, sie von ihrer Zustellungspflicht zu entbinden“. In München sind die Briefträger dieser Aufforderung bereits nachgekommen. Daraufhin wurden sie von ihrem staatlichen Arbeitgeber schriftlich dazu vergattert, die rechtsextreme Propaganda zu verteilen.
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