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Oldenburg: Antifaschistisches Nachdenken abgebaut

■ Stadtparlament will Mahnmal der IG-Metall-Jugend am Pferdemarkt entfernen / Mahnwachen sollen Gedenkstätte vor Abriß-Kommando schützen

Den Reisenden, die bislang aus Donnerschwee in die Oldenburger Innenstadt fuhren, war das Denkmal ein wohl -vertrauter Anblick. „Nie wieder Faschismus - gegen Ausländerfeindlichkeit - gegen Rassismus“ stand dort in großen Lettern, schwarz auf weiß geschrieben. Ein schlichtes Dreieck, nicht zu übersehen, inmitten einer Verkehrsinsel am dicht befahrenenen Pferdemarkt. Seit dem späten Mittwochnachmittag ist das Denkmal gut beschützt. Von Mitgliedern der IG Metall Jugend, der Jusos und SDAJ, ausgerüstet mit Zelt und Ketten und in Erwartung des städtischen Bauamtes, deren Abgesandte das Mahnmal im Auftrag der Stadt

Oldenburg aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit entfernen sollen.

Entstanden war die Idee zur Denkmals-Setzung in einem Bildungsseminar der IG-Metall-Jugend in Südafrika. Die TeilnehmerInnen waren übereingekommen, sich nicht mit dem üblichen Maß an Entrüstung zufrieden zu geben, sondern ein deutliches Zeichen gegen die aktuellen Formen von Rassismus und Ausländerfeindlichkeit im eigenen Land zu setzen. Die Form des Denkmals, das Ende 1987 aufgestellt wurde, erinnert an den Judenwinkel, die gewählten Farben ermahnen an das friedliche Zusammenleben von Schwarz und Weiß. Auch mit dem Standort hat es

seine besondere Bewandtnis : Vom Pferdemarkt nahmen die ersten großen Aufmärsche der NSDAP und SA ihren Ausgang, hier im Zentrum der ehemaligen Gau-Hauptstadt Oldenburg hatte Hitler gesprochen. Um die Ecke in der Donnerschweer Straße liegt die Kneipe, in der sich damals die Nazis getroffen haben und heute ihre Nachfolger tagen.

Vertraut hatte die Gewerkschafts-Jugend darauf, daß sich die sozialdemokratisch geführte Stadtregierung auf Dauer dem antifaschistischen Mahnmal nicht

widersetzen würde. Doch damit hatte sie sich verrechnet. Schon wenige Tage nach der ersten Installierung ließ die Stadt abbauen und die Ratsmitglieder über das weitere Schicksal befinden. Die „erlaubten“ eine befristete Wieder -Errichtung bis Ende des Jahres '88. Die Wahlerfolge der rechtsradikalen Parteien in Berlin und Frankfurt bescherten dem ungeliebten Blickfang eine Gnadenfrist, bis Ende Mai.

Für Emanuel Malcke, den 2. Vorsitzenden des Ortsjugendausschusses der IG Metall, ist das

Ganze ein politisches Trauerspiel. Angesichts der zunehmenden Aktivitäten von NPD und „Jungen Nationalen“ an Oldenburger Schulen, angesichts des rasanten Zuwachses von ausländerfeindlichen Graffities, die er auch an seinem Arbeitsplatz bei der AEG beobachtet, und in Anbetracht der Drohungen gegen türkische Jugendliche will er nun „politische Argumentationen der Stadt“ hören und keine formalen Verweise auf die befristete Ge nehmigung. Zum Abbau sieht er keinen Anlaß, zumal die Akzep

tanz für das Denkmal da sei und die große Unterstützung für die zunächst bis zum Wochenende geplante Mahnwache die Demonstranten zusätzlich bestärkt.

Wann die Stadt zum Abriß schreitet, war gestern nicht zu erfahren. Daß sie abreißen will, bestätigte dagegen Werner Rettig, der SPD-Fraktionsvorsitzende im Gespräch mit der taz. Verärgert zeigte er sich über den „Wortbruch“ der Gewerkschafter, die verbindliche Zusagen, „nach Ablauf der Frist selber abzubauen“ ständig brechen würden. Außerdem hätte die Stadt „für diesen Themenbereich einen eigenen Wettbewerb ausgeschrieben“, und das Mahnmal der IG-Metall, so Rettig, „entspricht nicht unseren Vorstellungen. Etwas anderes als ein solches Dreieck aus schmiedeeisernem Zeug“ solle es schon sein. Auch die Möglichkeit, zwei Mahnmale in Oldenburg zu beheimaten, lehnte er ab. „Wir wollen“, berichtete der Fraktionsvorsitzende,“ ein Mahnmal errichten, daß eine breite Akzeptanz im Rat und der Bevölkerung genießt“ und beides erfülle das gewerkschaftliche Denkmal nicht.

Nutznießer dieses Disputes könnten vor allem die Rechten sein. Bereits am Mittwoch kreiste ein Lautsprecherwagen der DVU mehrmals um den Pferdemarkt und das bedrohte Mahnmal. Sichtlich vergnügt beschallten die Insassen die versammelten Denkmal-Schützer mit rassistischen Parolen und deutschem Liedgut.

Andreas Hoetzel

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