FNP-Änderung birgt weiterhin Konfliktpotential

■ Gegensätzliche Interessen am Flächennutzungsplan nun auch im neuen Senat / Mehrere Senatsverwaltungen protestierten gegen Grün-Pläne von Umweltsenatorin Schreyer / Änderungen des FNP wurden in den Koalitionsvereinbarungen beschlossen

Das Änderungsverfahren für den neuen Flächennutzungsplan (FNP) hat noch nicht begonnen, da erwachen alte Konfliktfronten zu neuem Leben. Eine geschlossene Front aus Wirtschafts-, Bau-, Verkehrs- und Sportverwaltung sorgte am Montag in der Staatssekretärskonferenz dafür, daß das Thema FNP um zwei Wochen vertagt wurde. Die Staatssekretäre dieser Senatsverwaltungen störten sich an einer Vorlage, die Umweltsenatorin Schreyer (AL-nah) für die gestrige Senatssitzung vorbereitet hatte. Die Umweltsenatorin nennt darin konkrete Kleingarten- und Landwirtschaftsflächen, bei denen geprüft werden soll, ob sie vor Gewerbeansiedlung und Sportplatzbau bewahrt werden können. Das ging den betroffenen Verwaltungen zu weit. Schreyer will, so die Vorlage, lediglich Projekte und Flächenausweisungen des CDU/FDP-Senats überprüfen lassen, die gemäß der Koalitionsvereinbarung aus dem FNP gestrichen werden sollten, um Grün- und Freiflächen zu sichern. Ganz in der Tradition der bisherigen senatsinternen Auseinandersetzungen um den FNP und ganz unabhängig von der Parteizugehörigkeit der Behördenspitzen fürchten die anderen Verwaltungen nun um ihre Flächen.

Sowohl AL-Sportstaatssekretär Kuhn als auch die SPD -Senatoren wollen die Vorlage mitzeichnen, bevor sie im Senat beschlossen wird. Die Vorlage von Schreyer habe „inhaltlich bereits Stellung genommen“, erläuterte Verkehrstaatssekretär Schneider (SPD) gestern der taz. Deshalb müsse seine Verwaltung beteiligt werden. Kuhn fürchtet, es könne der „Geruch“ entstehen, er hielte die von Schreyer genannten Flächen „für verzichtbar“. Deshalb will er darauf drängen, daß auf konkrete Aussagen vorerst verzichtet wird.

Die Umweltsenatorin hatte die umstrittene Vorlage lediglich eingebracht, um sich vom Senat zusätzliches Geld und neues Personal bewilligen zu lassen, das für die geplanten Änderungsverfahren für den FNP benötigt wird. Unter Schreyers Stadtplanern machte sich deshalb gestern Verwunderung breit. Im derzeitigen Verfahrensstadium sei eine Beteiligung anderer Verwaltungen gesetzlich überhaupt nicht gefordert, hieß es. Die inhaltlichen Zielsetzungen in der Vorlage seien zudem „keine Planungskonzepte“, sondern lediglich ein „Zitat der Koalitionsvereinbarung“. Die Mitzeichnung, die „eigentlich nicht erforderlich“ sei, werde von Schreyer nun jedoch gewährt, versprach ihr Sprecher von Bargen. Er sieht darin einen „freundlichen Akt“ der Umweltsenatorin.

Die „möglichst weitgehende Sicherung von bestehenden Freiflächen“ steht für Schreyer an oberster Stelle. Zahlreiche Kleingarten-, Landwirtschafts- und Grünflächen, die der alte Senat in der sogenannten „Wachstumsreserve“ für Gewerbeansiedlung reserviert hatte, will Schreyer sich nun in „Einzelüberprüfungen“ noch einmal vornehmen. Das entspricht der Koalitionsvereinbarung, betrifft jedoch immerhin 195 Hektar der insgesamt 300 Hektar zählenden Wachstumsreserve und kann deshalb SPD-Wirtschaftssenator Mitzscherling nicht gefallen. „Wir haben zuwenig Gewerbeflächen“, bestätigte gestern sein Sprecher Heinze. Gefahren für Sportstaatssekretär Kuhn birgt Schreyers Absicht, auch Grünflächen überprüfen zu lassen, für die im alten FNP der Bau von Sportplätze oder -hallen vorgesehen war. Hier geht es um insgesamt 44 Hektar. Gemeint sind Flächen am Cosmarweg, am Tirschenreuther Ring, am Dammweg und in der Neuhofer Straße.

In der Koalition unstrittig ist, daß Pläne für eine Nord -Süd-Straße, für die Autobahn Neukölln und die B101 in Steglitz begraben werden sollen. Widerstände gibt es in der Verkehrsverwaltung gegen Änderungen an den Plänen für die Paulsternstraße in Spandau, die der alte Senat nach Süden verlängern wollte.

Die Verwaltung von Bausenator Nagel (SPD) nimmt außerdem Anstoß daran, daß in Schreyers Vorlage vom Wohnungsbau kaum die Rede ist. Hier war allerdings bislang zwischen SPD und AL verabredet, daß die vom alten Senat ausgewiesenen Flächen „im Grundsatz“ ausreichen müßten.

Schreyer veranschlagt drei bis vier Jahre, bis der vom alten Senat erstellte FNP im Sinne von SPD und AL geändert ist.

hmt