Warten auf Gott im Zelt

■ Gottes Wort auf der Bürgerweide für den „frommen Stamm“ und die „Randsiedler der Gesellschaft“

Statt auf der Kanzel stehen Pfarrer in Bremen zur Zeit auf der Leiter - im Blaumann statt wie gewohnt mit weißem Kragen bauen sie auf der Bürgerweide ein Zelt auf. Zwei Wochen lang laden die Pastoren allabendlich zu Vorträgen in ihre Zeltkirche ein. Am 11. Juni öffnet die Zeltmission ihre Pforten in Bremen.

Um Programm und Intention vorzustellen, legten die Pfarrer

gestern kurzfristig den Hammer aus der Hand: In der Kneipe „Zum Minister“ (minister heiße übrigens „Der Dienende“) überreichten der Vorsitzende der Evangelischen Allianz in Bremen, Pastor Klaus-Günter Pache, und seine Kollegen ihre Veranstaltungszeitung: „Sinnvoll leben - aber wie?“ Blaugrundige Plakate mit dieser Frage pflastern schon seit Tagen Bremer Laternenmasten. Die Pfarrer hoffen darauf, daß BremerInnen an den lauen Sommerabenden in ihre „Kirche ohne Schwellen“ - und vielleicht auch nachhaltig zum Glauben finden.

Prominente Redner mit „Charisma“ und provozierenden Themen sind eingeladen:

Eckard Krause war lange Zeit als Teppichhändler im Orient, ehe er sich entschloß, Pastor zu werden. Er gab seine Pastorenstelle auf, um sich nun ganz „im Gemeindeaufbau und der Evangelisation“ einzusetzen.

Dankmar Fischer, eigentlich Methodistenpastor, ist seit über acht Jahren als Lokal-Offizier der Heilsarmee im sündigen St. Pauli tätig.

Helmut Weidemann, der Dritte im Bunde, hält häufig Vorträge im Evangelischen Rundfunk, in Fernsehen, Kirchen und Zeltmissionen und lockt bis zu 1.000 Menschen an.

Weil Bremen nach Berlin die Stadt mit den am wenigsten besuchten Gottesdiensten ist, soll die Zeltmission den Leuten „Das gute Wort“ auf ungewöhnliche Weise näherbringen. Angesprochen sind neben dem „frommen Stamm“ der Gemeinden (rund 2,5% der eingetragenen Kirchenmitglieder) besonders auch „Randsiedler der Gesellschaft“: Leute, die sich „abends in der Bahnhofsgegend herumtreiben“, die auf dem Weg ins Jacobushaus oder sonst „von innerer Leere getrieben“ sind. Beim ersten Zelt

Versuch dieser Art in Bremen hatten die Pfarrer 1985 allabendlich rund 2.000 Besucher gezählt. Jetzt erwarten sie ähnliche Erfolge.

„Ich möchte glauben - aber?“ fragt Eckard Krause am 11.6. Dankmar Fischers Thema am veranstaltungsinternen Frauentag (17. Juni) ist „Himmel, Hölle, Klapperstorch“ - abends um 20 Uhr ist dies der Frauentags-Höhepunkt, nachdem es morgens um 10.00 Uhr (wenn die Kinder in väterlicher Obhut sind) bei Kaffee und Kuchen um „Erfülltes Leben trotz unerfüllter Wünsche“ ging. Anita Hallemann will ihren Geschlechtsgenossinnen diese Frage beantworten.

Die abendlichen Vorträge werden simultan jeweils in 12 Sprachen übersetzt. Aus dem Umland fahren eigens eingesetzte Busse zum Missionszelt. Und unter der Telefonnummmer 0421 / 355299 ist täglich eine Kurzansprache zum Thema des Abends abrufbar.

Als „Menschen, die Gott beim Wort nehmen“, grüßen aus der Zeltzeitung auch Senator Henning Scherf neben den erklärten Christenmenschen Cliff Richard, Dieter Kürten und Rune Bratseth. Finanziert wird das aufwendige Projekt aus der dezent einzutreibenden Kollekte des Abends.

Birgitt Rambalski