: Alle bestimmen mit, die Profs entscheiden
■ Wissenschaftssenatorin Riedmüller hat Vorschlagspapier für die Novellierung des Berliner Hochschulgesetzes vorgelegt / Schwerpunkt Mitbestimmung, aber die Professorenmehrheit läßt sich nicht abschaffen / Frauenförderung ja, aber keine Quotierungklausel vorgesehen
„Mein Vorgehen ist vielleicht untypisch, aber dafür demokratischer“, so stellte Wissenschaftssenatorin Barbara Riedmüller gestern das jetzt von ihr vorgelegte Vorschlagspapier zur Novellierung des Berliner Hochschulgesetzes (BerlHG) vor. Anstatt eines fertig ausformulierten Entwurfs wurden von einer Arbeitsgruppe in ihrem Haus erstmal die Kernpunkte des neuen Gesetzes zusammengestellt.
Dabei wurde vor allem geprüft, welche rechtliche Möglichkeiten zur Umsetzung der Koalitionsvereinbarungen zwischen AL und SPD das bundesweite Hochschulrahmengesetz bietet. Auch die Anregungen von StudentInnen und anderen Hochschulangehörigen seien bereits in das Papier eingeflossen, erklärte Riedmüller. Es werde nun allen Hochschulen, den verschiedenen Gremien, Studentenvertretern, Parteien, Gewerkschaften und anderen für die Hochschulen relevanten Gruppen zugeleitet, die nun ihrerseits Vorschläge und Anregungen einbringen können. Nach der Sommerpause sollen dann die parlamentarischen Beratungen beginnen.
Als einen der wichtigsten Punkte bezeichnete die Senatorin die Regelung der Mitbestimmung. Bekanntermaßen war die Wiedereinführung der Viertelparität, das heißt die gleichwertige Vertretung aller Statusgruppen an der Universität in allen Hochschulgremien, im Wintersemester eine der zentralen Forderungen der streikenden Studenten. Nach dem Hochschulrahmengesetz und einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts lasse sich jedoch die Professorenmehrheit nicht abschaffen, betonte Riedmüller.
Im neuen BerlHG soll deshalb eine sogenannte „Experiementierklausel“ eingefügt werden, die die Möglichkeit viertelparitätisch besetzter sogenannter Vorschaltkommissionen“ vorsieht. Sie sollen Beschlußempfehlungen für die „eigentlichen“ Gremien vorlegen. Unklar sei noch, ob die Einrichtung dieser Kommissionen obligatorisch sein wird. In allen Gruppen sei sie inzwischen auf Vorbehalte gegen eine obligatorische Einführung solcher Kommissionen gestoßen, berichtete die Senatorin.
„Die Situation an den Hochschulen ist einfach so, daß Mitbestimmung wieder gelernt werden muß“, meinte Riedmüller. Als weitere Kernpunkte der geplanten Novellierung bezeichnete sie die Stärkung der Autonomie der Hochschulen. Durch eine Neustrukturierung der Kuratorien, in dem künftig auch andere gesellschaftliche Gruppen Mitspracherecht haben sollen, könnte der Staatseinfluß zurückgeschraubt werden. Weiterhin sollen die Fachhochschulen gestärkt werden. Es sei auch daran gedacht, die Studienreformkommissionen wieder einzuführen.
Deutliches Gewicht wird in der BerlHG-Novelle auf der Frauenförderung liegen. Frauenbeauftragte mit rechtlichen Kompetenzen und Frauenförderpläne sollen im Gesetz festgeschrieben werden. „Wir warten nicht auf das Gleichstellungsgesetz für Berlin“, sagt die Senatorin. Allerdings könne das neue Hochschulgesetz dies auch nicht ersetzen. So sieht das Papier aus dem Wissenschaftssenat nur einen Frauenförderungs- und keinen Quotierungspassus vor. Besonders Frauen werden aber von der Abschaffung der Altersgrenzen für Einstellungen profitieren.
Auch von den vorgesehen Hochschulsondermitteln soll ein deutlicher Anteil für Frauenförderung verwandt werden. Rund 30 neue Stellen für Wissenschaftlerinnen will die Senatorin schaffen. Dafür sollen ca. fünf Millionen Mark aufgewandt werden.
Weitere Mittel sollen für die Nachwuchsförderung und für die Einrichtung von Stellenpools an den Fachhochschulen sowie den Ausbau der FH-Auslandsämter verwandt werden. Die Mittel werden nur zweckgebunden vergeben, damit sie nicht „nach dem Gießkannenprinzip vertröpfeln.“ Da die Verhandlungen mit dem Finazsenator noch nicht abgeschlossen sind, konnte Riedmüller keine genauen Angaben über ihre Höhe machen. Gerechnet wird mit einer Summe um 74 Millionen.
-guth
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen