: Entschädigung für Folteropfer
Uruguayisches Gericht spricht einem während der Militärdiktatur gefolterten Mann 47 Millionen Dollar zu / Verteidigungsministerium legt gegen das Urteil Berufung ein ■ Aus Montevideo Gaby Weber
Ein uruguayisches Gericht hat einem Opfer der Militärdiktatur, die das Land von 1973 bis 1985 regiert hat, eine Entschädigug in Höhe von 47 Millionen Dollar zugesprochen. Celso Scaltriti, Mitglied der Kommunistischen Partei Uruguays, war am 9.Januar 1976 verhaftet und monatelang gefoltert worden. „Sie haben mich nie verhört“, so Scaltriti im Verfahren, „sie haben mich nur gefoltert.“ Anderthalb Jahre habe er mit verbundenen Augen und im Sitzen verbracht, und am Ende seiner Haft habe er nicht einmal mehr aufstehen können. Zweimal sei er ins Militärhospital verlegt worden. In der gesamten Haftzeit konnte ihn niemand besuchen.
Im Mai 1977 warfen die Soldaten Scaltriti in seinen blutverschmierten Kleidern der Familie vor die Haustür. Von der Folter erholte er sich nicht mehr. Bis heute kann er sich nur am Stock aufrechthalten und ist zu vollen hundert Prozent arbeitsunfähig. Nach seiner Entlassung fuhr er in die Sowjetunion zur Behandlung. Dort sagten ihm die Ärzte, daß die Folter seine Nerven von innen her zerstört habe.
Der heute 60jährige reichte seine Klage erst im Mai 1987 ein, nachdem das Amnestiegesetz zwar die strafrechtliche Verfolgung der Folterer ausgeschlossen hatte, aber nicht die zivilrechtlichen Ansprüche. Das Verteidigungsministerium, an dessen Spitze heute der langjährige Oberkommandierende der Streitkräfte unter der Diktatur - General Hugo Medina steht, hat die Vorwürfe nicht bestritten, aber auf Verjährung bestanden.
Doch dem kamen die Richter nicht nach. Der Kläger konnte frühestens ab dem 1.März 1985 - dem Antritt der Zivilregierung - seine Forderungen geltend machen, denn unter der Diktatur wäre ein Prozeß - so der Richter der 4. Kammer - „illusorisch“ gewesen. Das Verteidigungsministerium hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.
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