: Einbahnstraßen-Festival
■ Impressionen vom „Midsummer-Festival“ im Stadionbad
Gerade zwanzig Jahre ist es her, jenes legendäre Festival in den Staaten, das den Höhepunkt der „love, peace und flowerpower„-Szene einläutete. But „times they are changing“.
An Woodstock erinnerte vorgestern beim Bremer „Midsummer -Festival“ allenfalls das Wetter und der eine oder andere (halbe) Nackedei. Zwar lief alles mehr oder weniger friedlich ab unter den zwei- bis dreitausend Fans, die den sechs Bands lauschten. Wer aber seine Augen offen hatte, dem konnten die drastischen Veränderungen im Ambiente solcher
Veranstaltungen kaum entgehen. Schon am Eingang herrschte ein ziemlich rüder Ton: nach überstandener Inspizierung des mitgebrachten Gepäcks durch einen gelinde ausgedrückt nicht gerade sympathischen Vertreter der Ordnerzunft, wurden die Leute schnellstmöglich vom Eingangsbereich weg aufs Gelände gescheucht. Fragen wurden höchstenfalls
unwirsch beantwortet - allenthalben herrschte angefaßte Betriebsamkeit.
Die größte Überraschung erlebten allerdings diejenigen, die während des neunstündigen Spektakels mal das Bedürfnis verspürten, den Ort des Geschehens für eine Weile zu verlassen - sei es
, um sich zu Hause einen Verpflegungs- oder Getränkenachschub zu zivileren
Preisen zu besorgen oder auch nur einer
kurzen akustischen Pause wegen: Man kam zwar hinaus, aber nicht wieder hinein! Was bei jedem anderen Konzert gang und gäbe ist, das galt hier nicht mehr: fast dreitausend
Leute auf Gedeih und Verderb dem Vergnügen ausgeliefert! Die Gründe hierfür blieben undurchsichtig: Anscheinend gab es Probleme zwischen den unterschiedlichen Managementgruppierungen. Und gerüchteweise war auch von gefälschten Eintrittskarten die Rede.
Unter dem Strich blieb der Eindruck von einer doch ziemlich überforderten Organisation und das ungute Gefühl, dem Diktat der Veranstalter hilflos ausgeliefert zu sein. Die meisten mags kaum gestört haben, denn
wer einmal schlappe 40 Märker berappt hat, der läßt sich sein Vergnügen so schnell nicht vermiesen - nicht durchs Eingeriegeltsein, nicht durch die relativ hohen Preise für Speis und Trank, und auch nicht durch die lange Warteschlan
ge an den Toilettenhäuschen. Zwischen Rockabillies auf der einen und Punks auf der anderen Seite bemühte sich die Mehrheit der „Normalos“, das beste aus der Situation zu machen. Die Leute trugen ihre weiße Haut und ihre (mehr oder minder) austrainierten Körper zu Markte und bewiesen auch mit dem ein oder anderen Badedress, daß Ästhetik längst keine Geschmacksfrage mehr ist.
Für einen
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