: Hochschul-StudentInnen wollen den Druck erhöhen
■ VV: Streik geht weiter / Bildungs-Deputation soll Freitag sondertagen / Forderungen: Zusagen und Antworten auf 5-Punkte-Katalog schriftlich
In der gedrängt vollen Mensa der bestreikten Hochschule Bremen in der Neustadt debattierten und stritten gestern den ganzen Vormittag lang StudentInnen, Streikrat und vier Deputations-Mitglieder um Streikabbruch, handfeste politische Zugeständnisse und vor allem um einen Zeitrahmen. Manfred Fluß (SPD), eingeladen als Sprecher der Deputation für Wissenschaft und Bildung, faßte aus seiner Sicht „das denkbar positivste Ergebnis“ der Deputations-Sitzung vom Freitag zusammen: Man sei „grundsätzlich zu
einer Umschichtung der investiven Mittel von 800.000 bis 1,1 Mio. Mark“ bereit, sage „acht Stellen gesichert, 2 weitere durch Umwidmung und eventuell eine elfte durch Neubewilligung“ zu.
Den StudentInnen war das zu wenig und das Wenige noch zu unsicher. Sechs der „Möllemann-Stellen“, die ohnehin aus dem Bund-Länder-Programm bezahlt würden, seien kein Zugeständnis, sondern kämen doch sowieso und würden schließlich mit erheblichen Neuzugängen von Studierenden erkauft (vgl. taz v. 24.6.).
Großen studentischen Unmut gab es auch darüber, daß es „immer noch keine schriftliche Antwort, ob positiv oder negativ“, auf den
5-Punkte-Forderungskatalog gibt. Viele Fragen („autonome Verwaltung“ der Gelder durch die Fachbereiche, Festeinstel
lung des Cafeteria-Personals, Umzug des Fachbereichs Sozialwesen) seien noch völlig offen. Gegen das „Gefühl, wir sollen hier so langsam ausgetrocknet werden“ fordern die StudentInnen zudem eine Aussage über die künftige Rolle der Fachhochschule in Bremen.
„Wenn Sie das alles durchsetzten wollen, streiken Sie sehr, sehr lange“, versuchte Fluß bange zu machen und appellierte immer wieder, die Hochschulgremien sofort mit den erforderlichen Anträgen beginnen zu lassen, damit bis zur nächsten Sitzung am 13. 7. beschlußfähige Vorlagen auf dem Tisch lägen: „Ohne Antrag keine Mark!“
Dann aber sind Semesterferien. Und deshalb, so beschlossen die vollversammelten Streikenden mit überwältigender Mehrheit, soll die Deputation gleich am Freitag (30.6.) tagen und die bis dahin zu formulierenden Papiere beraten. Die von Fluß („allerfrühestens geht der 7.7.! “) vergeblich beschworenen „Ladefristen, Vorlagenfristen“ waren ihnen egal: „Franke hat uns doch unbürokratische Wege zugesagt!“
FB-Sprecher Prof. Greger kündigte gleich an, daß die Antragsarbeit von FB und Verwaltung „in der geschlossenen Hochschule“ nicht in Frage käme. Über FB und Rektor müssen aber die Anträge an die Deputation gestellt werden.
Hochschulleitung sauer
Auch Kanzler Jürgen-Peter Hen
ckel gab sich auf taz-Nachfrage „sehr enttäuscht, daß die Studenten die ernstgemeinten Angebote der Deputation nicht annehmen“. Verwaltung, Gremien und die Hochschul-Haushalts -Kommission bräuchten „mindestens 14 Tage“, um hieb- und stichfest Papiere vorzulegen. Man habe eigens schon ein Formblatt für den ungewöhnlichen Schnelldurchlauf entwickelt. „Bisher hatte ich Verständnis für die Streikführenden, aber ich sehe jetzt immer mehr, daß diese Einschätzung falsch war“, so Henckel, der sich ebenso wie Rektor Mönch auf der VV nicht blicken ließ. „Per Gnadenakt“ aus dem besetzten Gebäude Unterlagen zu holen und improvisiert die Anträge zu schreiben, lehnte Henckel kategorisch ab: „Das kann man niemand zumuten - Anträge erst, wenn die Büros wieder auf sind.“
Durch den Streik blockieren die Studenten die „Patent -Schriften-Auslegestelle“ ebenso wie das Immatrikulationsamt („I-Amt“) der Hochschule. Deshalb steht die Verwaltung unter erheblichem Druck. Zwar können Anträge einschreibewilliger Erstsemester entgegengenommen werden - die Streikenden fordern auf, sich schriftlich im Notbüro bei den Nautikern anzumelden - , aber bearbeiten und juristisch bescheiden geht nur mit der EDV-Anlage im besetzten Gebäude. S.P
Heute ab 9 Uhr findet die
nächste VV statt.
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