: Wer darf Griechenland regieren?
Konservative und Pasok wollen Bündnis mit Kommunisten / Linke will keins von beiden / Der einzige Ausweg aus dem Patt nach den Parlamentswahlen ist eine Allparteienregierung ■ Von Klaus Hillenbrand
Athen/Berlin (taz) - Drei alte Männer kämpfen um die Macht in Griechenland. Andreas Papandreou, 70, Verlierer der Wahl und noch amtierender Ministerpräsident, der konservative Wahlsieger Mitsotakis, 71, und Charilaos Florakis, Chef der Kommunisten, fast 80. Das Wahlergebnis hat keinen zum eindeutigen Sieger gemacht. Es verlangt Koalitionen - doch die sind nicht zu finden. Nach Mitsotakis konnte auch der schwer erkrankte Papandreou keine Mehrheit zusammenkaufen. Jetzt sind die Verweigerer dran. Das Linksbündnis unter Florakis (13 Prozent und 28 der 300 Parlamentssitze) wird von Nea Democratia wie Pasok umworben.
Beiden Anwerbungsversuchen hat die Linke widerstanden. Mit den Reaktionären, die Nato und US-Basen propagieren, gibt es außer „Katharsis“ (Säuberung) keine Gemeinsamkeit. Die linke Mehrheit existiert nur in den Rechenkünsten Papandreous, weil die Linke nur bereit ist, sie bei Durchsetzung der „Katharsis“ zu schließen. Und das hieße vor allem ohne Papandreou, dessen skandalgeschüttelte Regierungszeit den Anlaß zum Großreinemachen gibt. Eine große Mehrheit ist auszuschließen. Bleibt die Allparteienregierung.
Derzeit deuten alle Zeichen darauf hin, daß dieser Weg beschritten wird. Die Alternative hieße der Verfassung nach Neuwahlen innerhalb von sechs Wochen nach den letzten Wahlen. Das aber würde einen Wahltermin um den 1.August bedeuten. Das ist der Höhepunkt der Urlaubssaison. Niemand will und viele können da nicht wählen. KP-Chef Florakis will deshalb eine Allparteienregierung anstreben, in der vor allem unabhängige Persönlichkeiten vertreten sind. Mitsotakis mit seinen eigenen Ambitionen auf den Chefsessel wird dem kaum zustimmen. Scheitert auch Florakis, ist Staatspräsident Sartsetakis geopfert. Es gilt in Athen als wahrscheinlich, daß erst dem Präsidenten die rettende Klammer für eine Allparteienkoalition einfallen wird, um die Führungskrise zu beenden.
Lange wird auch die nicht die Geschäfte ausüben. Zu weit sind die Parteien voneinander entfernt: Papandreou und Mitsotakis sind schon seit 1965 persönlich miteinander verfeindet, als der Konservative mit dem König gemeinsam gegen die damalige Regierung intrigierte; Papandreou geißelte ihn im Wahlkampf nur als „Verräter“. Das Linksbündnis verlangt die rückhaltlose Aufklärung um den mit der Papandreou-Regierung verbündeten Koskotas-Skandals, der den Steuerzahler mehrere hundert Millionen US-Dollar gekostet hat. Im Herbst, wenn es in Griechenland wieder kühler wird und die Touristen verschwunden sind, gelten Neuwahlen als wahrscheilich.
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