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Biologie auch künftig ohne „Fremdkörper“

■ Fachbereichsrat lehnte erste bundesdeutsche Professur für „Frauenforschung in den Naturwissenschaften“ dankend ab

Bremer Naturwissenschafts-Pro fessoren sind schon eine seltsame Spezies. Denn einerseits haben sie gar „nichts gegen Frauen“ (Prof. Stohrer). Und der Biologe Prof. Walter fordert gar dazu auf: „Kommen Sie in unsere Labore. Da sind doch alles nur Frauen: Doktorandinnen, Assistentinnen, DiplomantInnen, Studentinnen... Das ist nicht das Problem, daß wir Frauen unterdrücken würden.“ Andererseits sträuben sich die Herren Professoren mehrheitlich aber so sehr gegen eine ihnen angebotene - und in der Bundesrepublik einmalige „Professur Frauenforschung“, daß ihr Fachbereichsrat Biologie/Chemie am Donnerstag mit einer 9 : 3 Mehrheit dieses außergewöhnliche Stellen-Geschenk ablehnte.

Der „Akademische Senat“ der Bremer Universität hatte in einer avantgardistischen Anwandlung beschlossen: Nicht nur in den USA, auch an der Bremer Universität sollte „feministische Naturwissenschaft“ gelehrt werden. Eine Kommission samt Unterkommission wurde eingesetzt, tagte hoffnungsfroh und fleißig und hatte vor allem ein Problem zu bewältigen: Einen Studiengang dazu zu bewegen, die Forscherin in seinen Lehrkörper aufzunehmen. Die Unterkommission war sich bald einig: Nur der Studiengang Biologie kam in Frage. Nicht weil dieser für seinen Avantgardismus berühmt wäre, sondern weil hier zwar

schon fünfzig Prozent der Studierenden Frauen aber noch immer hundert Prozent der Lehrenden Männer sind. Und - weil sich überhaupt nur in der Biologie qualifizierte Bewerberinnen finden lassen würden. Denn während es in der Bundesrepublik gar keine Chemikerinnen und Physikerinnen gibt, die an Frauenfragen forschen, sind der Unterkommission doch immerhin vier habilitierte Biologinnen bekannt, die sich als „feministische NaturwissenschaftlerInnen“ verstehen. Um den Kreis der rberinnen zu erhöhen, wollte die Kommission die „Professur für Frauenforschung (Naturwissenschaftsanalyse mit dem Schwerpunkt Biologie)“ international ausschreiben.

Die beiden Professorinnen in der Unterkommission, Hannelore Schwedes und Marlis Krüger, begannen vorsichtige Gespräche. Erklärten sich bereit, das Reizwörtchen „feministisch“ aus ihrem Ausschreibungstext zu entfernen.

Doch dann konfrontierte sie der Humanbiologe Prof. Walter mit einem ganz eigenen Ausschreibungstext. In diesem wurde vorrangig ein/e Humanbiolog/in gesucht. Der Verdacht drängte sich auf, Prof. Walter gehe es weniger um eine Frauenforscherin, als darum, die Nachfolge für seine 1995 vakant werdene Stelle als Humanbiologe zu regeln.

Am Donnerstag tagte der Fachbereichsrat. Der Bio-Mediziner Prof. Flohr machte keinen Hehl daraus, wie er abstimmen würde:

„Wenn das humanbiologische Attribut wegfällt, weiß ich nicht, was die Stelle in der Biologie zu suchen hat. Was bleibt, ist Wissenschaftsanlysistik, die paßt hier nicht rein und würde immer als Fremdkörper empfunden.“ Auf dem Flur wurde er noch deutlicher: „Wissenschaftskritik - bin ich für. Meinetwegen auch 'ne Feministin. Aber nicht hier.“ Anderer Meinung war war sein Kollege Hildebrandt, der gerne möchte „daß sich auch eine Gentechnik-Kritikerin wie Regine Kollek“ an seinem Studiengang bewerben könnte.

An der 9 : 3 - Niederlage waren jedoch nicht nur Hochschullehrer beteiligt, sondern auch StudentInnen und Wissenschaftliche Mitarbeiter. Und eine sich besonders feministisch gerierende Studentin hatte vor der entscheidenden Abstimmung die Herren Professoren mit der Aussage aufgeschreckt, sie sei ganz gegen die geplante Professur, weil diese auf die Biologie beschränkt werden solle. Außerdem genüge ihr eine Diplomarbeit als Qualifikation für eine Frauenforscherin.

Noch ist unklar, ob die Frauenprofessur jetzt „gestorben“ ist, ob sie anderen Studiengängen wie Sauerbier angeboten oder eine „zentrale Lösung“ gesucht wird. Professorin Marlis Krüger äußerte gestern die Vermutung, der Akademische Senat werde den BiologInnenn ihren Entscheid zum Überdenken zurückgeben.

Barbara Debus

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