: Jetzt wollen die „Republikaner“ Bares sehen
■ „Republikaner“ reichen Antrag auf 16,8 Millionen Mark Wahlkampfkostenrückerstattung ein / Auch wenn die Aufwendungen niedriger waren, wird die volle Pauschale ausgezahlt / Im staatsanwaltlichen Blickfeld liegen weitere Ungereimtheiten im Finanzgebaren der Partei
Berlin (taz) - Der Finanzskandal um die Gelder aus der bayerischen Landtagswahl von 1986 ist bei den „Republikanern“ noch nicht ausgestanden, da schickt sich Schönhubers Partei an, die 16,8 Millionen Kostenerstattung aus dem Europawahlkampf einzutreiben. Die „Republikaner“, die im Europawahlkampf noch lautstark Kritik am verschwenderischen System der Wahlkampfkostenerstattung geäußert hatten, reichten letzte Woche einen entsprechenden Antrag bei der Bundeskasse ein.
Auch wenn die Partei der Saubermänner Wahlkampfaufwendungen in Höhe der 16,8 Millionen Mark nicht vorweisen kann, wird trotzdem gezahlt. Der Bundestag als Aufsichtsbehörde könnte die Rechtspartei notfalls zwar zwingen, ihre Kosten detailliert aufzulisten und jedes einzelne Wahlplakat in der Abrechnung aufzuführen. Wegen der gesetzlich geregelten Pauschalierung muß die Bundestagsverwaltung aber auch dann den vollen Betrag zahlen, wenn die tatsächlichen Aufwendungen erheblich niedriger waren. Die Summe der Rückerstattung errechnet sich zudem nicht aus der Anzahl der abgegebenen Stimmen. Die Berechnung basiert auf der Zahl der Wahlberechtigten.
Bundestagspräsidentin Süssmuth hat infolge des Antrags gestern angeregt, beim Bundespräsidenten eine Sachverständigenkommission einzuberufen, die eine Strukturreform für die weitere Wahlkampfkostenrückerstattung und den „Chancenausgleich“ erarbeiten soll.
Nach dem früheren bayerischen Landesschatzmeister Georg Schätzl bestätigt jetzt auch der ehemalige stellvertretende Bundesvorsitzende Dieter Berger das seltsame Finanzgebaren der REP-Führungsriege. Schätzl und Berger sind zwischenzeitlich von der Münchner Staatsanwaltschaft vernommen worden, die gegen den „Republikaner„-Chef wegen Betrugs und Veruntreuung ermittelt. Geklärt werden soll, wie die rund 1,3 Millionen Mark verwendet worden sind, die die „Republikaner“ nach ihren überraschenden Erfolg bei der bayerischen Landtagswahl einstreichen durften.
Der 46jährige Dieter Berger beanstandet insbesondere, daß die Gelder der Kontrolle des Bundesvorstands und des Landesverbands einfach entzogen wurden. Sie wären auf ein eigens eingerichtetes Konto geflossen, zu dem nur der Parteichef und sein Bundesschatzmeister Zugang gehabt hätten. Mit den Geldern soll unter anderem ein Darlehen von 200.000 Mark an den Geschäftsführer des parteinahen Res -publica-Verlags zurückgezahlt worden sein - ein entsprechendes Darlehen will der damalige Schönhuber-Vize aber „nie gesehen haben“. Die Rede ist auch von 78.000 Mark, die an die Düsseldorfer Werbeangentur Chersal gezahlt wurden. In den Erinnerungen Bergers ist „den Aktiven im Wahlkampf eine Arbeit der Agentur aber nie aufgefallen“. Last, not least moniert Berger, der 1987 wegen seiner Kritik aus der Partei gefeuert wurde, daß der damalige Generalsekretär nach der Landtagswahl für seine ehrenamtliche Tätigkeit eine Gehaltsnachzahlung in Höhe von 63.000 Mark erhalten hat. Franz Schönhuber hat gestern vom ZDF, das mit einer Sondersendung am 20.Juni den Stein ins Rollen brachte, eine „umfangreiche Gegendarstellung innerhalb kurzer Frist“ verlangt. Er kündigte weiter an, mit allen juristischen Mitteln gegen den Sender vorzugehen. Ins Zwielicht gerückt ist jetzt auch der rheinland-pfälzische Landesvorsitzende der „Republikaner“, Hans Herstein. Er soll in der Nacht vom 2. auf den 3.Juni in Germersheim eine Fahrradfahrerin mit seinem Auto gejagt haben, weil sie auf ihrem Heimweg ein REP-Plakat heruntergerissen hatte. Die Radlerin berichtete, erst wäre mit einer Schreckschußpistole hinter ihr hergeschossen und dann die Verfolgungsjagd mit dem PKW aufgenommen worden. Nachdem der Fahrer sie auf dem Bürgersteig gerammt hätte, sei sie gestürzt. Die zuständige Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen aufgenommen.
Wolfgang Gast
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