: Post aus der Moderne: 17. Messidor
Mainz/Altona, 6ter Julius 1792 (Trencks Monatszeitschrift) Mein Urtheil über Freyheit und Gleichheit bey Frankreichs Revolution. Nimmermehr wird wohl ein vernünftiger Mensch behaupten wollen, daß eine Revolution wie diese war, für unrecht und unerlaubt zu erklären sey. Freylich wurden einige Menschen gehenkt, aber waren sie nicht alle selbst schuld daran?... Warum erfüllten sie ihre Amtspflichten nicht besser? Eine so große Begebenheit kann aber gewiß nicht ohne Ausschweifung vollzogen werden. Denn bey Erdbeben, Gewittern und
Überschwemmungen leidet immer einer oder der andre. Was ist aber in solchem Falle das Leben Eines Menschen gegen die Wohlfahrt vieler Millionen? So sind jedoch die Menschen geartet. Wenn ein Monarch sich die verabscheuungswürdigste Grille von einer Universal-Monarchie in den Kopf setzt, mit einem benachbarten oder wol gar entfernten Volke, das ihm nichts zu Leide that, einen ungerechten Krieg anfängt, und in diesem Kriege 100 Millionen Schulden macht, auch 200.000 streitbare Männer verliert: so schweigt alles mit Bewunderung und Ehrfurcht, und niemand wagt es, den Eroberer einen Tyrannen zu heißen.
Aber wenn bey einer Revolution, durch welche sich ein niedergedrücktes Volk wieder in Freyheit zu setzen und sich seine geraubten Rechte wiederzuschaffen sucht, einige Despoten, Schurken oder Volksbüttel bluten, oder auch einige Unschuldige das Leben verlieren: dann schreyt man über Grausamkeit und Gewaltthätigkeit aus vollem Halse. 17.MESSIDOR
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