: Kirchenfürst gegen Gleichberechtigung
Der Bischoff von Schaumburg-Lippe will keine Frauen als Pastorinnen /Streit um Gleichberechtigung führt zu einer Debatte um Kirchensteuer / Gutachter: „Nervosität einer feministisch aufgeregten Zeit“ ■ Von Gunhild Schöller
Berlin (taz) - „So lange ich Bischof bin, wird keine Frau Pastorin werden“ - der Bischof von Schaumburg-Lippe Joachim Heubach sprach's und blockiert damit bis heute die Ordination von Frauen in „seiner“ Landeskirche. „Es ist skandalös, daß ein evangelischer Landesbischof nach 40 Jahren Grundgesetz sich weigert, das Grundrecht auf Gleichberechtigung von Mann und Frau anzuerkennen“, attackiert Edith Niehuis den Bischof.
Niehuis, sozialdemokratische Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Vorsitzende des SPD-Arbeitskreises für Gleichstellung, bezweifelte, ob diese Landeskirche auf dem Boden der Verfassung stehe und ob es rechtens sei, für diese Organisation Kirchensteuern einzuziehen. Damit war ein heftiger Streit entbrannt, in dem beide Seiten alle Register ziehen.
Auf Antrag von Edith Niehuis prüft nun das niedersächsische Finanzministerium, ob für die Landeskirche Schaumburg-Lippe, die als einzige Kirche in der EKD Frauen nicht Pastorinnen werden läßt, weiterhin Kirchensteuern eingezogen werden. Finanzministerin Birgit Breuel hatte in einem Brief an Niehuis ihr „großes Befremden“ über den Landesbischof mitgeteilt, gleichzeitig jedoch auf die schwierige Rechtslage hingewiesen.
Laut Grundgesetz sind Religionsgemeinschaften berechtigt, ihre Angelegenheiten selbständig zu ordnen und zu verwalten
-allerdings mit der Einschränkung: „innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze“. Ein Aspekt, der auch von Professor Axel Freiherr von Campenhausen, Leiter des Kirchenrechtlichen Instituts der Evangelischen Kirche Deutschlands, geflissentlich übersehen wurde.
In einer gutachterlichen Stellungnahme stellte sich Campenhausen hinter den Landesbischof: es sei allein Sache der Kirche, wie sie ihre Ämter besetze. Schließlich lehnten auch die katholische und die orthodoxen Kirchen Frauen im Priestergewand ab.Ein gewichtiger rechtlicher Unterschied besteht trotz dieser Parallelen: in der katholischen Kirche gibt es für Frauen keinen Ausbildungsweg zur Priesterin. Dagegen können Frauen in der Landeskirche Schaumburg-Lippe sich zur Pastorin ausbilden lassen - nur eingestellt werden sie nicht.
Nur durch „die Nervosität einer feministisch aufgeregten Zeit“ ließen sich die Aktivitäten von Edith Niehuis erklären, so Axel Freiherr von Campenhausen. Edith Niehuis dagegen erwartet gelassen die Prüfergebnisse der Finanzministerin : Falls sie bei Breuel abblitzt, will sie am Verwaltungsgericht beantragen, Niedersachsen den Einzug der Kirchensteuern zu verbieten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen